Alles unter einem Dach:Shopping mit Show-Effekt

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Einkaufen nach amerikanischem Vorbild schwächt das Geschäft in den Innenstädten.

Ute Bewer

Graue Beton-Komplexe mit monotonem Erscheinungsbild: Das waren die ersten Einkaufszentren der 60er und 70er Jahre. In der Peripherie oder in Ballungsgebieten waren sie entstanden. Trotzdem eine Attraktion, denn dort war alles unter einem Dach zu finden. 43.000 Shopping-Center gibt es heute in den USA. In Deutschland griff man die Idee der großen Einkaufszentren gerne auf: 1964 entstand mit dem Main-Taunus-Zentrum in Sulzbach bei Frankfurt am Main das erste Einkaufszentrum Deutschlands.

Das CentrO in Oberhausen ist eines der größten Einkaufszentren in Deutschland. (Foto: Foto: AP)

Eine attraktive architektonische Gestaltung, ein geschickter Branchenmix und die Ergänzung des Einkaufscenters durch Unterhaltungs- und Freizeitangebote sind heutzutage auch in Deutschland unabdingbar. Mehr als früher soll heute das Einkaufen zu einem Erlebnis werden. So spricht man auch nicht mehr von puren Einkaufscentern, sondern von Urban Entertainment Centern.

In einer Gesellschaft, in der es um das "Größer, Schneller, Mehr und Schöner" geht, müssen dauernd neue Anreize geschaffen werden. Das Einkaufen wird zum Event gesteigert und durch Entertainment aufgepeppt. Fast so wie Disneyland muten die ganz großen Center an, in denen nicht die Welt der Märchen, sondern die Welt des Einkaufs und damit der Waren und des Konsums inszeniert wird.

Die größte Shopping Mall in den USA ist die Mall of America (MoA), die seit 1992 existiert. Mittlerweile befinden sich dort auf einer Fläche von ungefähr 390.000 Quadratmetern neben 520 Geschäften, ein Kino mit 14 Sälen, 60 Restaurants, Diskotheken, eine Unterwasserwelt namens Underwater Adventure, der Vergnügungspark Camp Snoopy mit Roundabouts und einer Art Legopark.

Die Mall liegt sehr verkehrsgünstig im Süden von Minneapolis direkt am Highway. Sie ist eine beliebte Touristenattraktion und Stars, die in der Mall auftreten, locken noch mehr Besucher an: eine kleine Stadt in der Stadt, in der 12.000 Menschen arbeiten. Sie hat einen eigenen Sicherheitsservice und verfügt sogar über eine Universität: die National American University.

Wer heiraten möchte, kann das in der Chapel of Love tun. Ungefähr 4000 Menschen geben sich hier jedes Jahr das Ja-Wort. Beliebt ist auch das morgendliche Mall Walking, zu dem sich sportlich Interessierte einfinden. Jährlich zieht die Mall of America zwischen 35 und 40 Millionen Besucher in ihren Bann.

In Deutschland gehört das CentrO Oberhausen neben dem NordWestZentrum in Frankfurt am Main und dem Ruhr-Park Einkaufszentrum in Bochum zu den größten Shoppingcentern. Auf der Brachfläche eines alten Industriegeländes wurde 1996 das CentrO bei Oberhausen eröffnet. 23 Millionen Menschen pro Jahr besuchen das Shoppingcenter mittlerweile. Hier gibt es 250 Einzelhandelsgeschäfte mit 70.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, eingebettet in eine Unterhaltungslandschaft.

Nicht nur mit Geschäften, sondern auch mit Ausstellungen zieht das CentrO viele Besucher an, die sich in 50 Restaurants stärken können. In den Village Cinemas mit insgesamt neun Sälen gibt es Kino mit modernster Technik. Der Erlebnis CentrO.Park will der ganzen Familie mit seinen Fahrgeschäften Freizeitvergnügen bieten. Im Sea Life Oberhausen können die Besucher in die Unterwasserwelt eintauchen. Die König-Pilsener-Arena bietet Raum für Großveranstaltungen aus dem Show-, Sport-, oder Musikbereich.

Ein markanter Punkt im CentrO ist das nachts schon von weitem durch seine Lichtinstallation erkennbare, circa 120 Meter hohe Gasometer, ein Industriedenkmal mit jährlich wechselnden Inszenierungen. Die gute Infrastruktur ist ein weiterer Pluspunkt: Das CentrO ist direkt an die Autobahn A 42 angeschlossen und im Umkreis von 2,5 Kilometern befinden sich zwölf weitere Autobahnanschlüsse. Zudem ist das Zentrum so an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden, dass die Shoppingstadt zur Geschäftszeit vom Hauptbahnhof aus im 90-Sekunden-Takt verbunden ist.

Allerdings klagen die innerstädtische Geschäftswelt und die Nachbarstädte über den Kaufkraftabfluss, über den Verlust von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen. Aus eben jenen Gründen haben die Städte Bottrop, Dinslaken, Essen, Gelsenkirchen und die Bezirksregierung Düsseldorf gegen eine Vergrößerung des CentrO Oberhausen geklagt. Die Klage wurde im Juni 2005 abgewiesen, nun gilt es, das Ergebnis der Revision abzuwarten.

Durch neue Konzepte für innerstädtische Einkaufszentren versucht man nun, der Verödung der Innenstädte entgegenzuwirken. So will beispielsweise die ECE Projektmanagement GmbH, die innerstädtische Shopping-Center managt, kleinen Anbietern mit gestaffelten Mietpreisen reelle Chancen am Markt bieten. Das Unternehmen achtet auch auf einen individuell auf die Stadt abgestimmten Branchenmix und auf die Einbeziehung von Anbietern vor Ort.

© SZ vom 7.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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