Aktionsplan gegen die Finanzkrise:Zwischen flauschig und radikal

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Sie haben erkannt, es geht nur zusammen: Gemeinsam stemmen sich die G-7-Staaten gegen die Finanzkrise und versprechen "außergewöhnliche Maßnahmen". Finanzminister Steinbrück will noch am Wochenende Details bekanntgeben - doch Experten sind skeptisch.

Mit aller Kraft stemmen sich die sieben führenden Industrieländer (G7) gegen die Finanzkrise - nun wollen sie das sogar zusammen tun. Mit einem gemeinsamen Aktionsplan gingen die G7-Finanzminister an die Öffentlichkeit. Das Credo ist eindeutig: Die gegenwärtige Lage verlange "dringende und außergewöhnlichen Maßnahmen", heißt es der von den G7-Finanzministern und -Notenbankchefs in Washington verabschiedeten Erklärung.

Finanzminister Steinbrück (Mitte) mit US-Finanzminister Paulson und der französischen Finanzministerin Christine Lagarde. (Foto: Foto: AP)

Zudem will die deutsche Regierung auch konkret handeln. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) deutete an, dass die Bundesregierung an einem Stützungsplan für die nationalen Banken arbeite. Dieses Rettungspaket, so der Minister, solle auch "materiell unterfüttert" sein und zügig zur Entspannung der Märkte beitragen. Bereits am Montag, wenn in Frankfurt die Börse öffnet, sollen diese Maßnahmen eine "Signalwirkung" haben. Die Bundesregierung werde ihre Pläne zur Stützung des deutschen Bankensystems noch vor der Öffnung der Börsen am Montag bekanntgeben.

"einheitlicher Rahmen"

In dem G7-Plan haben die Länder festgeschrieben, keinen Zusammenbruch einer Bank zulassen, die von großer, "systemrelevanter" Bedeutung ist. Zudem sind die G7 auch bereit, von staatlicher Seite für Liquidität zu sorgen. Das "eingefrorene" Kreditgeschäft zwischen Banken soll in Gang gesetzt werden. Die Interessen der Steuerzahler wollen die G7 schützen: Banken, die Staatshilfen nutzen, müssen sich auf scharfe Auflagen gefasst machen, Wettbewerbsverzerrungen sollen vermieden werden. Ziel sei, die Finanzmärkte zu stabilisieren und den Kreditfluss sicherzustellen, heißt es in dem Papier. Steinbrück sagte, der Aktionsplan enthalte "sehr weitreichende" Verabredungen, um wieder Vertrauen zu schaffen: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Märkte sich beruhigen können".

US-Finanzminister Henry Paulson sagte, der Aktionsplan sei ein "einheitlicher Rahmen, der unsere individuellen und gemeinsamen Schritte leiten wird, um die Märkte mit Liquidität zu versorgen, Finanzinstitutionen zu stärken sowie Sparer und Investoren zu schützen." Er kündigte an, dass die US-Regierung Anteile von Banken kaufen wolle, um Vertrauen ins Finanzsystem wiederherzustellen. "Nie war es wichtiger, gemeinsame Lösungen zu finden, um stabile und effiziente Finanzmärkte zu schaffen und die Weltwirtschaft gesunden zu lassen." Den einzelnen Länder sollen aber auf ihre Lage zugeschnittene Schritte freistehen, so Paulson und Steinbrück.

Zusätzlich sollen nach dem Willen des deutschen Finanzministers deutsche und europäische Institute bald mit flexibleren Bilanzierungsregeln wie in den USA und damit mit einem "gewissen Befreiungsschlag" rechnen können.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Experten auf die gemeinsame Ankündigung reagierten.

Bundesbank-Präsident Axel Weber, der Deutschland in Washington zusammen mit Steinbrück vertrat, betonte, die Lage erfordere "außergewöhnliche und schwerwiegende" Schritte. Auch er zeigte sich überzeugt, dass die Maßnahmen Anfang nächster Woche als "klare vertrauensbildende Signale" wahrgenommen werden. "Dann werden wir auch diese Vertrauenskrise an den Märkten überwinden."

Experten sind sich da nicht so sicher. Fachleute reagierten auf den Plan mit Skepsis, da dieser nur vage gemeinsame Ziele definiere. "Er enthält nichts, um die Märkte zu beruhigen, keinerlei Substanz, um das zu erreichen", sagte Peter Morici von der Universität Maryland. Der "Aktionsplan" enthalte lediglich "edle Ziele". Ivan Savic vom Zentrum für G-8-Studien der Universität Toronto erkennt in der Erklärung der G-7-Finanzminister, "den Wunsch jedes einzelnen Landes, sich die Möglichkeit individuellen Handelns vorzubehalten".

Schwellenländer in Sorge

Und Robert Brusca vom Thinktank FAO Economics kritisierte die Ankündigungen als "zu flauschig". "Wir sind nicht sicher, ob sie wirklich wissen, was sie tun sollen", sagte Brusca. "Wer alles verspricht, hört sich so an, als habe er keine Ahnung."

Nach einer dramatischen Zuspitzung der Finanzkrise waren die Börsenkurse auch am Freitag wieder massiv eingebrochen. In New York schloss der Dow Jones nach einer Achterbahnfahrt mit 1,2 Prozent im Minus und notierte bei 8474 Punkten. Der deutsche Leitindex Dax verlor in Frankfurt sieben Prozent und fiel auf den tiefsten Stand seit rund drei Jahren.

Nun fürchten auch die Entwicklungs- und Schwellenländer ein Übergreifen der Finanzkrise. Viele dieser Staaten seien nicht immun dagegen, hieß es in einer Erklärung der in den G24 zusammengeschlossenen Schwellen- und Entwicklungsländer. Die internationale Gemeinschaft müsse bereitstehen, die ärmsten Staaten mit zusätzlichen Finanzhilfen zu unterstützen.

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