Aktionäre wollen noch höhere Dividenden:Rüge trotz Rekordzahlung

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Deutsche Aktiengesellschaften verteilen so viel Dividende wie nie zuvor, doch Aktionärsschützern ist das noch längst nicht genug.

Harald Schwarz

Nie zuvor haben deutsche Unternehmen an ihre Aktionäre mehr Geld verteilt als in diesem Jahr für das abgelaufene Geschäftsjahr 2006.

Das zeigt die neueste Dividendenuntersuchung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Doch trotz Rekordausschüttungen müssen sich die Aktiengesellschaften eine Rüge gefallen lassen. Denn nach Ansicht der DSW gibt es bei den Unternehmen ,,noch jede Menge Luft für weitere Dividendensteigerungen''.

Als zusätzliches Ärgernis empfinden die Aktionärsschützer, dass mehr als die Hälfte der Firmen überhaupt kein Geld für ihre Eigentümer übrig haben.

Analyse von 1023 Gesellschaften

DSW-Dividendenexperte Herbert Hansen analysierte 1023 Gesellschaften mit Blick auf ihr Ausschüttungsverhalten. Diese erhöhten ihre Dividendenzahlungen um 19 Prozent oder 5,7 Milliarden Euro auf insgesamt 35,3 Milliarden Euro.

Der größte Teil dieses Betrages stammte von 28 der 30 im Deutschen Aktienindex (Dax) enthaltenen Konzerne. Nur der Reisekonzern TUI und die Münchner Infineon-Gruppe haben auf Ausschüttungen verzichtet.

Die übrigen Dax-Konzerne verteilten immerhin 27,9 (Vorjahr: 21,1) Milliarden Euro an ihre Anteilseigner.

"Gute wirschaftliche Lage"

Laut DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker sind die ,,gute wirtschaftliche Lage'' der Unternehmen sowie die ,,veränderte, internationalere Aktionärsstruktur'' die Gründe für die wachsenden Dividendensummen.

So drängten vor allem US-Investmentgesellschaften und Pensionsfonds auf hohe Zahlungen an die Aktionäre. Die hohe Sonderzahlung an die Anteilseigner des Altana-Konzerns wegen des Verkaufs der Pharma-Sparte verzerrt das Ergebnis der Analyse laut Hansen nicht.

Altana hatte immerhin 33 Euro pro Aktie, insgesamt fast 4,5 Milliarden Euro zusätzlich ausbezahlt. In den Resultaten des Vorjahres war aber laut Hansen ebenfalls eine Sonderzahlung des Eon-Konzerns in ähnlicher Höhe enthalten gewesen.

41 Prozent des Gewinns

Im Durchschnitt überwiesen die Dax-Gesellschaften 41 Prozent ihres Gewinns an die Anteilseigner. Die Ausschüttungsquote stieg somit um vier Prozentpunkte.

Die DSW stellt dies aber bei weitem nicht zufrieden. Auch mit dem nun verbesserten Wert würden die deutschen Aktiengesellschaften im europäischen Vergleich ,,nicht sonderlich gut'' abschneiden, moniert Hocker und mahnt eine durchschnittliche Ausschüttungsquote von rund 50 Prozent an. Dies sei auch andernorts in Europa üblich.

Als ,,ideal'' aus Sicht eines Aktionärsschützers bezeichnete Hauptgeschäftsführer Hocker das Verhalten des Ludwigshafener Chemiekonzerns BASF.

Deutliche Zuwächse beim Aktienkurs

Dieser falle seit einiger Zeit mit deutlichen Zuwächsen beim Aktienkurs auf, schütte inzwischen relativ viel Geld aus und schöpfe auch seine Möglichkeiten bei den Aktienrückkaufprogrammen aus.

Den höchsten absoluten Betrag hat zwar die Deutsche Telekom an ihre Anteilseigner gezahlt. Die gut 3,5 Milliarden Euro seien angesichts des Kursverlaufs der Telekom-Aktien aber eher ,,Schmerzensgeld'' als Zubrot für die leidgeprüften Aktionäre des ehemaligen Staatskonzerns.

Lob verdienten sich von Hocker auch noch der Energieriese Eon und die Deutsche Bank, die 2,4 Milliarden Euro respektive gut 1,9 Milliarden Euro als Dividenden überwiesen.

Harsche Kritik mussten jene inzwischen 605 der 1023 Gesellschaften einstecken, die - wie beispielsweise Infineon - seit mindestens zwei Jahren oder länger überhaupt keine Dividenden zahlen.

Kein Verständnis für Dividendenausfälle

Hinzugekommen sind nach Hansens Untersuchung 2006 noch zehn Unternehmen, die ihre Zahlung an die Aktionäre für 2006 strichen. Verständnis hat Hansen dafür kaum, denn er betont: Wer sich am Aktienmarkt engagiere, erwarte einen ,,angemessenen Ertrag''.

Wenn 60 Prozent der analysierten Unternehmen ohne Gewinnausschüttung blieben und das oft genug seit dem Börsengang der jeweiligen Gesellschaft, so sollte das Anlass sein, die ,,Anleger künftig besser vor dividendenlosen Gesellschaften zu schützen''.

Er würde es daher begrüßen, wenn künftig die Anforderungen für eine Börsenzulassung sorgfältiger geprüft würden, meinte Hansen.

Die Dividendenausfälle seien in den vergangenen Jahren auf einen ,,viel zu hohen Anteil'' gestiegen, rügte Hansen.

Viel Geld eingesammelt

Unter den schwarzen Schafen, die beharrlich kein Geld an ihre Aktionäre verteilen, sehen die Aktionärsschützer auch noch einige, die zu den Hoch-Zeiten des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende bei Börsengängen viel Geld einsammelten und die Anleger danach enttäuschten.

© SZ vom 30.05.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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