Aktienkauf im großen Stil:Niedersachsen ringt um Einfluss bei VW

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Um den Landesanteil an Volkswagen nicht unter 20 Prozent fallen zu lassen, investiert Niedersachsen 41 Millionen kreditfinanzierte Euro in VW-Aktien. Es geht allein um Macht - und die Landtagswahlen im Januar 2008.

Niedersachsen hat für rund 41 Millionen Euro Volkswagen-Aktien gekauft. "Wir verhindern so eine Verwässerung des Landesanteils auf unter 20 Prozent", begründete Ministerpräsident Christian Wulff am Dienstag in Hannover den Schritt.

Durch ein Aktienoptionsprogramm für VW-Mitarbeiter hätte der Landesanteil unter die Marke sinken können, die dem Land das bisher maximal mögliche Stimmrecht sichert.

Der Kauf der 367.000 Aktien werde über Kredite finanziert, sagte die Sprecherin des niedersächsischen Finanzministeriums, Birgit Diers. Nach dem Kauf hält das Land 20,36 Prozent der VW-Anteile.

Volkswagen-Mitarbeiter haben derzeit die Option, Aktien aus einer Kapitalerhöhung für 42,50 Euro zu kaufen. An der Börse kosteten sie am Dienstag mehr als 113 Euro. Die nächste Tranche von drei Millionen Aktien werde am 9. Juli fällig.

"Wir können uns vorstellen, dass viele Mitarbeiter bei dem hohen Kurs ihre Aktien gleich wieder verkaufen", sagte Diers.

Nach Einschätzung von Wulff ist die Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter für das Land wichtig, weil es eine breite Streuung des Aktienbesitzes wünscht. "Sie vertreten im Zweifel gleiche Interessen wie das Land Niedersachsen", sagte Wulff über die VW-Beschäftigten.

"Es macht keinen Sinn, dass Niedersachsen seinen Anteil bei 20 Prozent hält"

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer warf dem Land vor, im Wahlkampf Steuergelder zu vergeuden. "Wenn man die Aktien vor einem Jahr gekauft hätte, hätten sie weniger als die Hälfte gekostet", sagte Dudenhöffer, der das Marktforschungsinstitut B&D-Forecast leitet.

"Es macht überhaupt keinen Sinn, dass Niedersachsen seinen Anteil bei 20 Prozent hält, nur um die Aufsichtsräte zu stellen, nur um sich gegenüber den Wählern zu profilieren." In Niedersachsen stehen im Januar 2008 Landtagswahlen an.

Bislang räumt das VW-Gesetz dem Land als zweitgrößtem Eigner hinter dem Sportwagenbauer Porsche eine besondere Stellung ein. Das Gesetz sorgt dafür, dass die Stimmrechte jedes Aktionärs auf 20 Prozent begrenzt sind. Das Gesetz steht jedoch beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf dem Prüfstand. Eine Entscheidung über die aus den 1960er Jahren stammende Regelung wird im Sommer erwartet.

Sollte das VW-Gesetz kippen, müsste das Land für eine Sperrminorität seine Beteiligung auf gut 25 Prozent erhöhen. Bei einer normalen Präsenz auf den VW-Hauptversammlungen reichen de facto allerdings auch 20 Prozent, um etwa Verlagerungen der Produktion oder Werksschließungen verhindern zu können. Die Frage nach einer Aufstockung des Anteils stelle sich derzeit nicht, hatte Finanzminister Hartmut Möllring Reuters kürzlich gesagt.

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