Aktiengeschäfte der WestLB:Die Minus-Strategie

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Noch wissen nur die beiden Händler der WestLB selbst und ihre möglichen Helfer, ob bei dem Institut tatsächlich Kurse manipuliert wurden Doch es gibt Hinweise darauf, wie sie mit ausgetüftelten Spekulationen auf die Nase fielen.

Martin Hesse

Es ist der Albtraum eines jeden Bankchefs. Zwei Wertpapierhändler verspielen Millionen und gefährden so den Gewinn und den guten Ruf ihrer Bank.

Noch schlimmer kann es eigentlich nur kommen, wenn sich dann auch noch herausstellt, dass die Mitarbeiter bei ihren Spekulationsgeschäften Gesetze gebrochen haben.

Entsprechend nervös wird Thomas Fischer, Vorstandschef der WestLB, die Bemühungen der Finanzaufsicht Bafin verfolgen, Licht in die Vorgänge bei der stolzen Landesbank in Düsseldorf zu bringen.

Noch wissen nur die beiden Händler selbst und ihre möglichen Helfer, ob bei der WestLB tatsächlich Kurse manipuliert wurden und warum es offenbar zu Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe im Handel mit VW-Aktien kam.

Kursabstand zwischen "Vorzügen" und "Stämmen"

Doch so könnte es gewesen sein: Bei VW spekulierten die Händler der WestLB auf den Kursabstand zwischen zwei Arten von Aktien - Vorzüge und Stämme.

Weil Vorzugsaktionäre eine Dividende beziehen, liegt der Kurs dieser Papiere regelmäßig über dem Preis von Stammaktien. Der Kursabstand schwankt jedoch im Zeitablauf.

Es ist eine verbreitete Strategie bei Investoren, auf eine Veränderung diese Preisabstands - Fachleute nennen diesen Abstand spread - zu spekulieren.

Wie kann man damit Gewinne machen? Händler anderer Banken vermuten, dass die Kollegen der WestLB auf eine Vergrößerung dieses Spreads wetteten, indem sie die teuren VW-Vorzüge kauften und gleichzeitig die billigeren Stammaktien verkauften, was diese noch billiger machte.

Ein großes Paket Stammaktien

Die Wette platzte aber dann offenbar, als der Autohersteller Porsche ein großes Paket Stammaktien übernahm, sodass sich der Kursabstand aus Sicht der WestLB-Händler genau in die falsche Richtung entwickelte. Verluste entstanden, obwohl beide Aktienarten stiegen.

In Finanzkreisen heißt es, die WestLB habe ähnliche Geschäfte auch mit Vorzugsaktien von Metro und BMW getätigt. Hinzu kommt nun ein schwerwiegender Vorwurf. Die WestLB hat bestätigt, es bestehe der Verdacht, dass die beiden mittlerweile entlassenen Händler Aktienkurse manipuliert hätten.

Dieser Verdacht richte sich aber auch gegen Beschäftigte anderer Banken. ,,Es ist kaum vorstellbar, dass zwei Händler über Monate hinweg Kurse manipulieren, ohne dabei Unterstützung von außen zu erhalten'', sagte ein Aktienhändler einer anderen Großbank.

Worin aber könnte der Sinn solcher Manipulationen bestanden haben? Der Reiz an einer Spekulation mit Vorzugsaktien liegt darin, dass bei diesen Papieren die Handelsumsätze sehr gering sind.

Dadurch konnten die Händler möglicherweise durch größere Aufträge kurz vor Handelsschluss den Spread zwischen Vorzügen und Stämmen in die für sie günstige Richtung bewegen. ,,Wir haben uns schon lange gefragt, woher seit Monaten die hohen Umsätze bei VW-Vorzügen kommen'', sagte ein Händler.

Lange Zeit unentdeckt

Möglicherweise gelang es den Mitarbeitern der WestLB auf diese Weise, lange Zeit unentdeckt von der eigenen Risikokontrolle zu bleiben.

Allerdings müssten die Manipulationen immer größer ausfallen, je länger die Kurse in die falsche Richtung laufen. ,,Wir gehen nicht von grundlegenden Schwächen in der Risikokontrolle der WestLB aus'', sagte Andrea von Schnurbein, Analystin bei der Ratingagentur Fitch.

,,Wenn Leute betrügen wollen, dann kann das in jeder Bank passieren'', bestätigte auch ein hochrangiger Frankfurter Investmentbanker. Händler verweisen jedoch darauf, dass es auf Dauer nicht möglich ist, durch Kursmanipulationen der Risikokontrolle zu entgehen und Verluste zu kaschieren.

Verluste noch immer offen

Offen ist bis jetzt, wie hoch die Verluste der WestLB aus den Spekulationsgeschäften tatsächlich ausfallen werden.

In Finanzkreisen heißt es, möglicherweise seien einige der von den beiden Händlern eingegangenen Handelspositionen noch offen. Entwickelten sich die Kurse in die falsche Richtung, könnten sich die Verluste also noch ausweiten - aber auch verringern.

Die WestLB dementiert, dass es derzeit einen Rückstellungsbedarf wegen möglicher weiterer Verluste gebe.

Zwar kommt es auch bei anderen Banken immer wieder zu Ausfällen im sogenannten Eigenhandel. Dennoch haben die Verluste bei der WestLB einen Beigeschmack.

Fitch bescheinigt der WestLB Fortschritte

Ratingagenturen hatten in der Vergangenheit kritisiert, dass die Bank zu stark vom Kapitalmarktgeschäft abhängig sei. Zwar bescheinigt etwa Fitch der Bank mittlerweile Fortschritte.

Das Handelsgeschäft auf eigene Rechnung und für Kunden macht aber noch immer fast drei Viertel des operativen Gewinns aus. Offenbar fällt es der WestLB schwerer als anderen Landesbanken, neue Ertragsquellen zu erschließen.

© SZ vom 12.04.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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