Aktiencheck Bayer:Glückspillen für Anleger

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Analysten beurteilen den Medikamentenhersteller extrem positiv. Denn das Unternehmen hat eine große Zahl von Präparaten in der Testphase.

Stefan Weber

Der Laudator zeigte sich begeistert. Die Übernahme von Schering durch Bayer, so urteilte Lutz Raettig vor einigen Tagen, sei "ein Prachtexemplar in einer interessanten, einmaligen Konstellation". Der Aufsichtsratschef der Deutschland-Tochter der US-Investmentbank Morgan Stanley sprach beim Bad Homburger Kreis, eine Art Lobby für Übernahmen.

Ein Bayer-Mitarbeiter beobachtet die Isolierung des Nexavar-Wirkstoffs Sorafenib in der Produktion in Wuppertal-Elberfeld. (Foto: Foto: dpa)

Und weil auch viele andere Kapitalmarktexperten davon überzeugt sind, dass der Leverkusener Konzern mit dem Berliner Arzneimittelhersteller einen guten Griff getan hat, erhielt Bayer eine besondere Auszeichnung: den Takeover Award.

Mit diesem Preis wird die aus Investorensicht beste öffentliche Übernahme in Deutschland prämiert. Beeindruckt waren die Juroren zum einen von der Geschwindigkeit, mit der Bayer die Übernahme abwickelte. Zum anderen überzeugte sie die Qualität der Akquisition. Die Börse ist ähnlicher Ansicht. Seit Bayer im März 2006 kundgetan hat, Schering übernehmen zu wollen, verteuerte sich die Aktie um mehr als die Hälfte und notiert jetzt bei etwa 55 Euro. Der Dax ist im gleichen Zeitraum wesentlich weniger stark gestiegen.

Fusion beflügelt

Dabei schien der Fahrplan, den Bayer für die Integration seiner 17 Milliarden Euro teuren Neuerwerbung gesteckt hatte, anfangs sehr ambitioniert: Bis 2009 sollten Einsparungen von 700 Millionen Euro erzielt werden. Doch inzwischen ist Vorstandschef Werner Wenning überzeugt, dass er dieses Ziel nicht nur erreichen, sondern sogar um mehr als 100 Millionen Euro übertreffen wird.

Bereits Ende nächsten Jahres, so teilte er kürzlich auf einem Investorentreffen mit, würden etwa 80 Prozent der geplanten Ersparnisse erreicht werden. Viele Analysten honorierten diese Ankündigung mit Kaufempfehlungen. Das vor allem, weil Wenning bei gleicher Gelegenheit weitere vielversprechende Perspektiven für das Geschäft von Bayer Schering Pharma skizzierte. Das hat Gewicht für die Geschäftsentwicklung des gesamten Unternehmens. Denn die Pharma-Aktivitäten steuern zwei Drittel zum Umsatz des Teilkonzerns Bayer Healthcare (Gesundheit) bei. Und der wiederum ist das stärkste Standbein des Konzerns.

Die Forschungspipeline - also der Vorrat an Medikamenten, die sich in der Testphase befinden - ist Wenning zufolge mit 50 Projekten gut gefüllt. Davon befänden sich 19 in der dritten und letzten Phase der klinischen Prüfung. Als besonders erfolgversprechend gelten dabei das Krebsmedikament Nexavar und das Thrombosepräparat Rivaroxaban.

An diesem Mittwoch teilten Bayer und sein amerikanischer Partner Onyx Pharmaceuticals mit, sie hätten bei der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung von Nexavar beantragt. Und Rivaroxaban traut das Bayer-Management Spitzenumsätze von mehr als zwei Milliarden Euro zu. Nach Ansicht der Analysten von J.P. Morgan haben die Ergebnisse der dritten Studienphase zu Rivaroxaban die Erwartungen übertroffen.

Sie halten es für wahrscheinlich, dass Bayer am 8. Juli auf der Internationalen Thrombose- und Hämatologie-Konferenz in Genf weitere positive Daten bekanntgeben wird. Und das, so heißt es bei J.P. Morgan, werde einen weiteren Impuls für die Aktie liefern. Auch Andrew Benson von der Citigroup ist "beeindruckt" von der Forschungs- und Entwicklungspipeline. Er hat seine Kaufempfehlung für die Bayer-Aktie mit einem neuen Kursziel bekräftigt: Statt zuvor 60 Euro hält er nun sogar 65 Euro für möglich - also etwa zehn Euro mehr als derzeit.

Ähnlich zuversichtlich sind die Analysten von Goldman Sachs. Sie haben das Kursziel nach dem Investorentreffen von 61 auf 63 Euro heraufgesetzt. Generell sind die Aktienbeobachter extrem positiv gegenüber Bayer eingestellt. Der Finanznachrichtendienst Reuters verzeichnet 29 Beobachter des Papiers. Davon raten 18 zum Kauf, neun zum Halten und lediglich zwei zum Verkauf. Zustimmung bei den Analysten findet unter anderem, dass Bayer seine Forschung und Entwicklung auf die aussichtsreichsten Projekte konzentriert und andere Vorhaben aufgibt.

Marge steigern

Statt einer zuvor angestrebten Marge von 24 Prozent will Bayer im Gesundheitsgeschäft 2007 nunmehr eine Marge von 25 Prozent erreichen. Bis 2009 sollen es 28 Prozent sein, statt zuvor 27 Prozent.

Die Ankündigung zu einem solch frühen Zeitpunkt zeigt nach Ansicht der Analysten der WestLB, "dass das Management über ein hohes Maß an Zuversicht verfügt". Daher sei es möglich, dass der Konzern die neuen Ziele übertreffen werde. Somit ist die Bayer-Aktie aus Sicht der WestLB derzeit ein klarer Kauf.

Auch für die Analysten der SEB "überwiegen bei Bayer die Chancen die Risiken." Dabei verweisen sie in einer Studie auch auf die technische Analyse, also das Kursbild. Demnach habe die Aktie den langfristigen Aufwärtstrend-Kanal nach oben durchstoßen. Widerstände lägen derzeit nicht vor.

"Somit ist der Weg nach oben frei." Wegen des steilen Kursanstiegs in den vergangenen Monaten halten die Analysten der SEB eine "kurze Abwärtsbewegung allerdings nicht für ausgeschlossen". Die nächste Unterstützung liege bei 45,86 Euro. Jedoch sei ein Rückgang auf dieses Niveau wenig wahrscheinlich.

© SZ vom 28.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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