Agricultural Bank of China: Pan Gongsheng:Chinas neuer Liebling

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Pan Gongsheng hat den Börsengang der Agricultural Bank of China organisiert. Nun ist er ein Star - denn es könnte die größte Neunotierung aller Zeiten werden. Allerdings verlief der Börsenstart in Shanghai nur verhalten.

Marcel Grzanna, Shanghai

Das Zweitgrößte ist in China selten groß genug. Wer mit Sicherheit Aufmerksamkeit erregen will, der muss Superlative setzen. Pan Gongsheng ist das schon einmal gelungen. Vor vier Jahren führte er die Industrial & Commercial Bank of China (ICBC) zum bis dato größten Börsengang der Welt. Doch eine einzige Bestmarke läuft Gefahr, schnell in Vergessenheit zu geraten. Pan Gongsheng hat in den vergangenen Monaten fieberhaft daran gearbeitet, das zu vermeiden. Es sieht so aus, als sollte ihm das gelingen. Wenn alles gut geht an diesem Donnerstag in Shanghai und am Freitag in Hongkong, dann wird Pan seinem Triumph mit der ICBC vor vier Jahren einen noch größeren hinzufügen können: den Börsengang der Agricultural Bank of China (ABC), der bislang größte der Welt.

Ein Mann, der das ganz große Geld liebt: Pan Gongsheng. (Foto: bildextern)

Doppel-Sieger

22,2 Milliarden Dollar erwartet die ABC mit ihrem Doppellisting. Das wären 300 Millionen mehr als die bisherige Rekordemission der ICBC. Wer so etwas zweimal hintereinander schafft, der verewigt sich in den Annalen der Finanzwelt wie ein Doppel-Olympiasieger in den Köpfen der Sportfans. Und nicht nur dort. Denn auch für den Finanzexperten gilt offenbar der alte Leitsatz: Erfolg macht sexy. So spekulieren nun die Boulevardzeitungen, ob Pan wegen seines Aussehens möglicherweise der "heißeste" Banker Chinas sei.

Die Antwort auf diese Frage sei dahingestellt. Doch Pan wird wohl in die Liga der begehrtesten Banker Chinas aufsteigen. Experten vermuten, dass der Banker, der 1963 geboren wurde, aufgrund seiner Erfolge als Kandidat für einen noch verantwortungsvolleren, noch einflussreicheren und noch besser bezahlten Posten in Chinas Finanzwelt zählt. Zurzeit ist er Vizepräsident der Agricultural Bank of China, die in den kommenden Tagen ihr Image als graue Maus unter den vier größten staatlichen chinesischen Banken ablegen könnte. In seinem Lebenslauf spricht offenkundig nichts gegen einen weiteren Aufstieg auf der Karriereleiter, vieles jedoch dafür.

Pan trägt einen Doktortitel, den er in Peking erworben hat. Er ist Absolvent der Cambridge University Judge Business School und hat kurze Zeit in London gearbeitet, was ihm den Stallgeruch eines westlich geschliffenen Finanzexperten verleiht. Ein gutes Verständnis der Bankenwelt in Europa und in den USA wird in China derzeit gerne gesehen. Denn das Land hofft darauf, dass die Fehler, die im Westen zur Bankenkrise geführt haben, mit der Erfahrung von Leuten wie Pan Gongsheng in China vermieden werden können. Das Reich der Mitte will an die internationale Spitze mit seinen Geldinstituten und benötigt dazu das Know-how von Fachkräften wie Pan. Nicht unlieb ist der Regierung natürlich auch, dass er Mitglied der Kommunistischen Partei ist. Das macht ihn zu einem Vorzeigekader.

Was Pan auszeichnet, ist die Hartnäckigkeit, mit der er die ABC in Richtung Börsengang gesteuert hat. Alle Investmentbanken, die an der Vorbereitung beteiligt waren, hielt Pan an der kurzen Leine. Er forderte vollen Einsatz - und hat ihn offenbar bekommen. Dazu zählt auch die Deutsche Bank, die bei einem gelungenen Unterfangen für ihre Arbeit fürstlich entlohnt wird.

Image-Politur

Es waren schließlich berechtigte Zweifel angebracht, ob Pans Plan aufgehen könne, als er erstmals im Frühjahr kundtat, dass er 30 Milliarden Dollar an der Börse einsammeln wollte. Tatsächlich machte er dann auch Zugeständnisse, weil er einsehen musste, dass die Investoren nicht bereit waren, einen so hohen Ausgabepreis für die Aktien zu akzeptieren. Doch er überzeugte sie offenbar davon, immer noch genug zu investieren, um unter dem Strich einen Rekord verzeichnen zu können. Wer fragt da noch nach Volumen?

Zu Pans Strategie gehörte es auch, das Image der ABC aufzupolieren, um Investoren zu locken. Aus dem Makel, Kreditgeber für das strukturschwache und unprofitable Hinterland zu sein, schneiderte Pan eine Zukunftsvision: Chinas nächste Wachstumswelle werde den Westen des Landes erfassen, wo die ABC stark vertreten ist. Auch die stufenweise Aufwertung der Landeswährung Renminbi sei für die Bank ein viel geringeres Problem als für ihre Mitbewerber. Schließlich liege ihr Anteil an ausländischen Devisen deutlich unter dem der Konkurrenz.

Das Konzept scheint aufgegangen zu sein. Angeblich ist das ABC-Papier in Shanghai 16-fach überzeichnet, in Hongkong war von 10-fach übersteigerter Nachfrage die Rede. Ob das stimmt oder ob es nur ein letzter Lockruf für unschlüssige Investoren war, werden die ersten Handelstage zeigen. Am Start in Shanghai lief allerdings nur verhalten: Die Aktie gab im späten Geschäft gut ein Prozent nach.

© SZ vom 15.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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