Affäre um Weltbankpräsident:Die schützende Hand zieht zurück

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Trotz des Vorwurfs der Vetternwirtschaft klammert sich Weltbankchef Wolfowitz an sein Amt: Das Ansehen der Bank solle durch seine Entlassung nicht beschädigt werden. Doch nun vollzieht das Weiße Haus eine vielleicht vorentscheidene Kehrtwende - und spricht von Wolfowitz' Rücktritt.

Der Vorstand der Weltbank hat am Dienstagabend noch keine Entscheidung über die Zukunft von Paul Wolfowitz getroffen. Das Direktorium der Bank teilte nach einer Anhörung mit, es werde seine Beratungen am Mittwoch fortsetzen.

Der umstrittene Weltbankchef Paul Wolfowitz auf dem Weg zur Anhörung (Foto: Foto: AP)

Unterdessen kann Wolfowitz nach Angaben des Wall Street Journal auch nicht mehr mit der uneingeschränkten Unterstützung der US-amerikanischen Regierung rechnen. Wie das Blatt berichtete, habe das Weiße Haus signalisiert, dass es einen Wechsel an der Spitze der Weltbank in Betracht zieht.

Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte, die USA bereiteten sich auf eine "offene Diskussion" über die Zukunft Wolfowitz' vor. Die US-Administration ziehe alle Optionen in Betracht, den Rücktritt des Weltbankchefs eingeschlossen.

Weltbankchef Wolfowitz hat vor dem Direktorium um seinen Verbleib im Amt gebeten. Die Entscheidung des Gremiums werde nicht nur sein Leben, sondern auch die Sicht auf die Weltbank in den USA und in der ganzen Welt beeinflussen, sagte der 63-jährige Wolfowitz laut einer von seinem Anwalt freigegebenen Mitschrift in Washington.

Noch gebe es die Möglichkeit, einen dauerhaften Schaden abzuwenden. Der frühere US-Vizeverteidigungsminister bekräftigte, seine damaligen Entscheidungen seien im besten Interesse der Bank erfolgt.

Vorwurf der Günstlingswirtschaft

Zudem kündigte Wolfowitz eine Änderung seines Führungsstils an. Bereits vor der Anhörung hatte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, die Unterstützung für den in den Verdacht der Vetternwirtschaft geratenen Weltbankchef bekräftigt.

Ein vom Direktorium der Weltbank eingesetzter Untersuchungsausschuss war in seinem Bericht zu dem Ergebnis gekommen, dass Wolfowitz mit einer Gehaltserhöhung für seine Lebensgefährtin gegen die Regeln der Institution verstoßen habe.

Zugleich empfahl der Untersuchungsausschuss dem Direktorium zu prüfen, ob Wolfowitz unter diesen Umständen die Weltbank weiter führen könne.

Dem 63-Jährigen wird Günstlingswirtschaft vorgeworfen, weil er seiner bei der Weltbank beschäftigten Lebensgefährtin Shaha Riza bei seinem Amtsantritt 2005 eine Gehaltserhöhung von 60.000 Dollar (rund 44.000 Euro) im Jahr sowie einen Beförderungsanspruch bewilligt hatte.

Europa für Rücktritt von Wolfowitz

Gemäß den Regeln der Weltbank musste Riza einen anderen Posten in der US-Verwaltung übernehmen; sie wurde ins US-Außenministerium versetzt, aber weiterhin von der Weltbank bezahlt. Die Entscheidung zur Gehaltserhöhung soll Wolfowitz allein getroffen haben; er selbst gibt jedoch an, dies auf Anweisung von Mitarbeitern der Weltbank getan zu haben.

Von den führenden westlichen Industriestaaten unterstützen lediglich die USA und Japan noch den Weltbankpräsidenten. Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada plädierten für einen Rücktritt von Wolfowitz.

© AFP/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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