Abstimmungsergebnisse:Aktionäre entlasten Vorstand

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Trotz massiver Kritik seitens der Aktionäre wurden auf der Hauptversammlung Vorstand und Aufsichtsrat entlastet. Die Dividende bleibt unverändert bei 1,50 Euro.

DaimlerChrysler-Aktionäre dringen auf einen schnellen Abschied von der angeschlagenen US-Tochter Chrysler. Auf der Hauptversammlung am Mittwoch in Berlin zogen sie eine verheerende Bilanz der deutsch-amerikanischen Autoehe und forderten die Konzernspitze auf, schnellstmöglich die Reißleine zu ziehen.

Die Fusion sei eine einzige Fehlentscheidung gewesen, Chrysler hänge "seit Jahren wie ein Mühlstein am Hals des Konzerns". Vorstandschef Dieter Zetsche bestätigte erstmals offizielle Gespräche mit Interessenten und nährte damit Erwartungen über einen Verkauf der US-Tochter.

Zu Einzelheiten der Kontakte mit den Chrysler-Interessenten äußerte sich Zetsche vor rund 8000 Aktionären nicht. Offen blieb daher, ob der DAX-Konzern über einen kompletten Verkauf von Chrysler verhandelt oder sich nur von einem Teil des US-Autobauers trennen will.

Das Management halte sich nach wie vor alle Optionen offen, um den "größtmöglichen Handlungsspielraum" zu haben, sagte Zetsche. Die Aktien von DaimlerChrysler verloren im Tagesverlauf 1,42 Prozent auf 61,12 Euro, nachdem sie in den vergangenen Wochen nach der Ankündigung neuer Pläne für Chrysler kräftig gewonnen hatten.

Auch die schwäbische Konzernzentrale dringt nach einem Milliardenverlust bei der US-Tochter im vergangenen Jahr laut Medienberichten auf einen schnellen Verkauf von Chrysler. Mitte Februar hatte Zetsche auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in Detroit angekündigt, zusätzlich zu einem neuen Sparprogramm alle Optionen für Chrysler prüfen zu wollen.

Als Interessenten für Chrysler gelten der kanadische Zulieferer Magna sowie die Finanzinvestoren Cerberus und Blackstone. Cerberus wird vom früheren DaimlerChrysler- und VW-Manager Wolfgang Bernhard beraten. Als möglicher Verkaufspreis werden bis zu neun Milliarden Dollar (rund 6,7 Mrd Euro) genannt.

"Von vorne bis hinten eine einzige Fehlentscheidung"

Aktionärsvertreter nutzten die Hauptversammlung zu einer Generalabrechnung mit dem früheren Management und kritisierten die Fusion mit Chrysler scharf. "Was die 'Welt-AG' angeht, stehen wir vor einem Scherbenhaufen, wie er größer nicht sein könnte", sagte Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Das Zusammengehen mit Chrysler 1998 sei "von vorne bis hinten eine einzige Fehlentscheidung" gewesen. Vor allem das Management um den früheren Vorstandschef Jürgen Schrempp habe sich viele Fehlentscheidungen zu Schulden kommen lassen.

Bei der Mercedes Car Group laufe es zwar wieder deutlich runder, dafür mache Chrysler erneut Sorgen, sagte Hans-Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Die Beteiligung hängt seit Jahren wie ein Mühlstein am Hals des Konzerns und hat auch in 2006 den Aktienkurs gemessen an den verschiedensten Indizes eher dümpeln lassen."

Henning Gebhardt von der Fondsgesellschaft DWS erklärte: "Wenn Chrysler am Ende zum Scheidungsrichter geführt würde, wären wir sehr dankbar." Der als kritischer DaimlerChrysler-Aktionär bekannte Würzburger Wirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger forderte, den Firmennamen wieder in Daimler-Benz AG umzuwandeln.

Trotz der harten Aktionärskritik wurden Aufsichtsrat und Vorstand nach über zwölfstündiger Debatte mit sehr großer Mehrheit entlastet.Beschlossen wurde auch die Ausschüttung einer Dividende auf Vorjahresniveau von 1,50 Euro je Aktie.

Zetsche betonte, Grundbedingung bei allen Optionen sei die Umsetzung des im Februar bekannt gegebenen Sanierungsplans bei Chrysler. Das Sparprogramm, das unter anderem den Abbau von 13.000 Arbeitsplätzen bis 2009 vorsieht, soll Chrysler wieder profitabel machen.

Darüber hinaus gelte es, die Finanzkraft des gesamten Konzerns zu stärken, für eine klare strategische Ausrichtung zu sorgen und die beste Lösung für die Mitarbeiter zu finden. "Mit dem Prozess bin ich bislang zufrieden. Alles läuft nach Plan."

In den kommenden drei Jahren werde die Ertragskraft des Unternehmens deutlich steigen, kündigte Zetsche an. In diesem Jahr soll der Gesamtabsatz leicht steigen. Der defizitäre Kleinwagenbauer smart soll ebenfalls 2007 operativ in die schwarzen Zahlen fahren.

Die Mercedes Car Group von DaimlerChrysler verkaufte derweil im März weniger Autos als ein Jahr zuvor. Der weltweite Absatz der Marken Mercedes-Benz, Maybach und smart sank den Angaben zufolge zum Vorjahresmonat um 8,2 Prozent auf 127.000 Autos. Während der Absatz der Kernmarke Mercedes-Benz um zwei Prozent auf 122.900 Fahrzeuge zurückging, brachen die smart Verkäufe um 68,2 Prozent auf 4100 Kleinwagen ein.

Das Unternehmen begründete die Entwicklung mit Modellwechseln beim smart und der Mercedes C-Klasse. Die Hauptversammlung war außerdem der letzte Auftritt von Hilmar Kopper an der Spitze des Aufsichtsrates. Für den 72-jährigen Ex-Deutsche-Bank-Sprecher rückt nach 17 Jahren Amtszeit als Chefkontrolleur der derzeitige EADS-Co-Verwaltungsratschef Manfred Bischoff nach. Damit endet eine lange Unternehmenstradition des Autobauers, nach der dem Kontrollgremium ein Mitglied des Frankfurter Kreditinstituts vorsteht. Neu in den DaimlerChrysler-Aufsichtsrat wurde der Chefkontrolleur der Deutschen Bank, Clemens Börsig, gewählt, der den Platz von Kopper einnimmt.

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