ABN Amro:Vom Jäger zum Gejagten

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Sein Faible für Übernahmen machte Rijkman Groenink einst zum Bankier des Jahres - jetzt wird er mit ABN Amro selbst geschluckt.

Martin Hesse

Endlich hatte Rijkman Groenink es geschafft. ,,Heute kündigen wir die Schaffung eines echten globalen Champions an'', sagte der Chef der niederländischen Großbank ABN Amro am Montag vor Journalisten aus aller Welt in Amsterdam.

Rijkman Groenink (Foto: Foto: AP)

Doch was stolz klingen sollte, hörte sich nach persönlicher Enttäuschung an. Ein ganzes Berufsleben lang war Rijkman Groenink, 57, dem Traum nachgelaufen, aus dem vergleichsweise kleinen Bankenstandort Holland heraus einen führenden globalen Finanzdienstleister zu bauen. Am Ende lief ihm die Zeit davon. Am Ende war das Ziel für ihn vielleicht auch etwas zu groß.

Groeninks ABN Amro wird voraussichtlich bald Teil einer der größten globalen Banken sein. Ob im Verbund mit Barclays oder der Royal Bank of Scotland; darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sicher ist nur, dass Groenink nicht die treibende Kraft in dem Rennen um einen der ersten Plätze in der Finanzwelt ist. Nicht mehr. ,,Sie wissen, dass ich seit Jahren ein starker Befürworter der europäischen Bankenkonsolidierung bin'', sagte der Banker bei seiner wichtigsten Pressekonferenz. Es klang wehmütig.

Im Bund mit dem Glück

Groenink begann 1974 als 24-Jähriger bei der Amro Bank, nachdem er seine Diplome für Jura und Wirtschaft an den Universitäten Utrecht und Manchester in der Tasche hatte.

Dort arbeitete er sich im Zweijahres-Takt Stufe für Stufe nach oben. Er durchlief das Privatkundengeschäft, kümmerte sich um Kreditkunden, dann um internationale Geschäftskunden. 1988 rückte er in den Vorstand der Amro Bank und 1991 nach der Fusion mit ABN in das Führungsgremium der neuen Bank. Zur Jahrtausendwende stand Groenink an ihrer Spitze.

Der Mann mit dem noch heute jugendlichen Gesichtsausdruck war schnell und wollte so auch weitermachen. Er hatte Glück: kaufte Banken in den USA, Brasilien und Italien, bewies bei der Übernahme der Banca Antonveneta, wie hartnäckig er sein Ziel von der globalen Bank verfolgte. Gegen italienische Konkurrenten und den Widerstand des damaligen italienischen Notenbankpräsidenten Antonio Fazio, der einen Verkauf an Ausländer verhindern wollte, setzte Groenink sich durch. Fazio stürzte schließlich über die Affäre.

Doch auch für Groenink war die Antonveneta-Übernahme ein Wendepunkt, es war sein letzter großer Coup. Noch 2004 hatte ihn Königin Beatrix zum Ritter geschlagen. Journalisten wählten ihn zum ,,Europäischen Bankier des Jahres'', weil es ihm zu gelingen schien, eine globale Bank zu schmieden und gleichzeitig profitabel zu arbeiten. Zahlreiche Restrukturierungsprogramme hatte Groenink aufgelegt und binnen fünf Jahren 10000 Stellen abgebaut. Er erhob den Shareholder Value, die Orientierung am Willen der Aktionäre, zum Führungsprinzip.

Vielleicht ein Achtungserfolg

Insofern birgt es eine gewisse Ironie, dass es die Aktionäre sind, die Groenink die Verwirklichung seines Traums verwehren. Das Drehbuch für ABN Amro und den Mann an der Spitze der Bank schreibt heute Christopher Hohn, Gründer und Chef des Hedge-Fonds TCI: Im Februar kaufte TCI sich bei ABN Amro ein und forderte einen Verkauf oder eine Zerschlagung der Bank.

Seit der Übernahme der Banca Antonveneta blieb der Aktienkurs von ABN Amro hinter der Konkurrenz zurück, und vor allem hinter den Vorstellungen von Leuten wie Hohn. Plötzlich erschien vieles von dem, was Groenink bei ABN Amro erreicht hatte, in einem anderen Licht. Analysten kritisierten seine Zukäufe als wahllos, es sei ihm nicht gelungen, die Teile des Konzerns zu integrieren und die Kosten im Griff zu behalten. Ein neues Restrukturierungsprogramm sollte es in diesem Jahr richten. Doch diesmal war der Hobby-Tennisspieler Groenink nicht schnell genug am Netz.

Experten orakelten schon bei der Übernahme von Antonveneta, Groeninks Geschäft werde in Europa weitere Bankenfusionen auslösen. Indirekt, wenn auch anders, als sie es damals gemeint hatten, bekommen diese Stimmen nun recht. Der Jäger Groenink ist zum Gejagten geworden.

Noch einmal hat er in den fünfwöchigen Verhandlungen mit Barclays versucht, die Handlungshoheit zurückzugewinnen. Indem der ABN-Amro-Chef in einem Zug die Fusion mit Barclays und den Verkauf der US-Tochter Lasalle einfädelte, hoffte er, unliebsame Partner wie die Royal Bank of Scotland von seinem Lebenswerk fernzuhalten. Ob ihm das gelingt, ist offen. Wenn ja, dann wäre das für Groenink, der bei Barclays künftig immerhin den Aufsichtsrat führen soll, wenigstens ein Achtungserfolg.

© SZ vom 24.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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