Angeschlagene britische Hypothekenbank:Geschockte Sparer plündern ihre Konten

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Die Krise der Hypothekenbank Northern Rock schürt Panik unter britischen Sparern. Auch deutsche Anleger könnten leiden.

Nach der Krise der britischen Hypothekenbank Northern Rock haben sich am Samstag vor den Filialen des Geldhauses lange Schlangen gebildet. Nach Angaben der Financial Times wurden dem Institut rund eine Milliarde Pfund (1,5 Mrd Euro) entzogen.

Am Freitag war bekannt geworden, dass die Englische Notenbank dem angeschlagenen Baufinanzierer einen Notkredit gewährt hat. Tausende besorgte Kunden hoben daraufhin Geld bei dem Institut ab. Der Aktienkurs brach zeitweise um mehr als 30 Prozent ein.

"Ich habe hier mehrere Konten. Das ist das Ersparte meines ganzen Lebens", sagte der 74 Jahre alte Mike Mellon, der am Samstag wie hunderte andere auch in der Filiale in Sheffield sein Geld abheben wollte.

Mancherorts musste die Polizei die Massen beruhigen, eine ältere Frau in Sheffield schien zusammenzubrechen. Ein Ehepaar in Cheltenham trat sogar in einen Sitzstreik, weil ihnen die Bank nicht gewährte, eine Million Pfund auf ein anderes Konto zu überweisen. "Es ist fürchterlich, alles, was wir haben, ist hier", erzählte Fiona Howards.

Northern Rock ist die erste britische Bank, die infolge der Krise am US-Hypothekenmarkt in Bedrängnis geraten ist. Da die Bank am Finanzmarkt nicht ausreichend Mittel bekam, musste die Bank of England erstmals seit Jahrzehnten mit einem Notfall-Kredit einspringen.

Wegen einer vergleichsweise geringen Höhe an Kundeneinlagen ist die Bank auf Mittel angewiesen, die sich Institute untereinander am Geldmarkt leihen. Dort sind die Zinsen in den vergangenen Wochen aber auf das höchste Niveau seit neun Jahren gestiegen, da die Banken wegen der allgemeinen Unsicherheit nur noch zögerlich Geld verleihen.

Dies trieb die Finanzierungskosten für Northern Rock - dem britischen Marktführer bei neuen Hypotheken - enorm in die Höhe und führte letztlich zu dem Engpass.

Zeitungen schüren die Ängste

Finanzminister Alistair Darling und die Aufsichtsbehörden versuchten am Freitag nervöse Anleger und Sparer zu beruhigen und versicherten, das britische Bankensystem insgesamt sei gesund.

Zur Verunsicherung der Anleger hatte wohl auch das Medienecho gesorgt. "Sturm auf die Bank", "Panik auf der High Street" und "Wie sicher ist unser Geld?" lauteten einige Schlagzeilen. Viele Leute in den Schlangen vor den Bankschaltern sagten, sie wüssten schon, dass ihr Geld sicher sei, sie wollten aber ganz sicher gehen.

"Das Bankensystem im Vereinten Königreich ist stark", sagte der Vorsitzende des Sonderausschuss des Finanzministerium, John McFall. Der Britische Bankenverband teilte mit, Northern Rock sei eine sichere Bank, es gebe "absolut keinen Grund", sich Sorgen zu machen.

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel, könnte die Krise von Northern Rock auch deutsche Anleger und Banken treffen. Northern Rock verkauft Immobilienfinanzierungen an Investoren weiter. Die Finanzinstrumente haben Namen wie Granite, Dolerite und Whinstone. Auch deutsche Fonds deckten sich dem Spiegel zufolge mit den großzügig verzinsten Papieren ein.

So hielten etwa DWS-Fonds laut Halbjahresberichten Positionen von Granite. Allianz-Fonds investierten demnach in Granite und Dolerite. ´"Diese Papiere leiden alle", sagte Dominique Linder, Experte für besicherte Wertpapiere bei der Allianz, dem Spiegel.

Da Northern Rock für die verkauften Hypotheken immer noch die Abwicklung der Zinseinnahmen übernehme, "besteht nun bei Investoren die Angst, dass es dort zu Störungen kommen könnte".

Auch Landesbanken wie die LBBW und die BayernLB dürften laut Insidern von der Northern-Rock-Krise betroffen sein, schreibt das Magazin weiter. In ihren umstrittenen Investmentvehikeln, die außerhalb der Bilanz installiert wurden, steckten milliardenschwere Pakete mit verbrieften britischen Hypotheken. Zur genauen Zusammensetzung wolle man aber weder in München noch in Stuttgart eine Stellungnahme abgeben.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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