Bis vor kurzem erreichte man unter der deutschen Internet-Adresse www.youtube.de noch ein wenig attraktives Videoportal namens "Videotube" - kein wirklicher Vergleich mit dem amerikanischen Vorbild YouTube, das man eigentlich unter der Adresse erwartet hätte.
Offenbar war dieser Umstand auch YouTube und dessen Besitzer Google ein Dorn im Auge. Laut der Denic, der deutschen Registrierungsstelle für Domains, wurde Anfang des Monats per Gerichtsbeschluss die Domain youtube.de auf den amerikanischen Konzern übertragen. Im Registrierungsarchiv der Denic heißt es dort seitdem: Domaininhaber ist YouTube, Inc., Third Avenue, SanMateo, USA.
Ruft man allerdings die Webseite auf, erscheint nicht etwa das amerikanische Angebot oder ein deutscher Ableger, sondern die Nutzer erhalten den Hinweis der Denic, "die aufgerufene Domain ist derzeit nicht erreichbar, da es administrative Probleme gibt".
Keine Reaktion auf deutsche Briefe
Auf Nachfrage von sueddeutsche.de erklärt ein Mitarbeiter: "Die Domain wurde an YouTube übertragen, wie per Gericht entschieden. Die Seite wird nun übergangsweise von der Denic verwaltet, bis uns der neue Besitzer mitteilt, bei welchem Provider die Inhalte hinterlegt werden sollen."
Deshalb erschiene momentan beim Aufruf der Seite noch die Meldung der Denic. Der Domaininhaber sei schriftlich darüber informiert worden. "Das Schreiben ging aber nach Amerika,", erklärt der Mitarbeiter, adressiert an YouTube, ohne einen Ansprechpartner. Weil wahrscheinlich niemand etwas mit dem deutschen Brief anfangen konnte, sei er womöglich im Schredder gelandet.
Es gibt für youtube.de zwar einen administrativen Ansprechpartner in Deutschland, eine Rechtsanwaltkanzlei in München, angeschrieben wird in solchen Fällen aber stets der Domaininhaber. "Wenn jemand eine deutsche Domain registriert, sollte man davon ausgehen können, dass er auch mit einem Schreiben der Denic etwas anfangen kann", lautet die lapidare Erklärung des Mitarbeiters bei der Registrierungsstelle.
Beim Namen Denic sollten in den Google-Büros eigentlich alle Warnglocken läuten: Erst im Januar war die Suchmaschine kurzzeitig nicht erreichbar, weil die Domain google.de auf einen anderen Besitzer übertragen worden war. Auch damals hatte niemand auf die Schreiben der Denic reagiert, um der unrechtmäßigen Übertragung zu widersprechen.
Expansion nach Europa?
Laut Berichten der Financial Times Deutschland und der französischen Zeitung Les Echos plant Google die Expansion seines Videoportals nach Europa, den Anfang soll Frankreich machen. Auf einer Pressekonferenz am 19. Juni in Paris sollen Einzelheiten zu zukünftigen Projekten des Internetriesen bekannt gegeben werden. Ob dazu tatsächlich die Lokalisierung des Videoportals zählt, ist allerdings noch Spekulation, einen Kommentar von Google gibt es derzeit nicht.
Die Registrierung der Domain in Deutschland könnte allerdings ein Hinweis sein. Sollte sich allerdings auch weiterhin kein Verantwortlicher von YouTube bei der Denic melden, würde man zunächst eine Rechnung für die Übertragung der Domain schicken. Ihr folge eine Mahnung und in letzter Konsequenz die Kündigung der Domain. "Das dauert ungefähr drei Monate, dann würde die Domain theoretisch wieder zur Verfügung stehen", so der Denic-Support.
(Nachtrag: Laut Informationen von Videotube gab es keinen Gerichtsentscheid zum Domainwechsel an den jetzigen Besitzer. Zu den Bedingungen, zu denen statt dessen die Rechte an der Domain youtube.de an YouTube den Besitzer gewechselt haben, wollte das Unternehmen zunächst keine Aussage treffen)
(Nachtrag vom 14.6.2007: Laut Informationen des Pressesprechers der Denic, Klaus Herzig, liegen der Denic keine Informationen über eine gerichtliche Auseinandersetzung vor. Tatsache ist jedoch, dass Google bzw. YouTube, Inc. Rechte an der Domain angemeldet hatte. Der Besitzer Videotube GmbH ließ die Domain löschen, die Gründe dafür sind der Denic nicht bekannt. Seit 1. Juni ist die Domain auf YouTube, Inc. registriert.)