X-Box in Europa:Für Microsoft wird das Spiel Ernst

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Der weltgrößte Softwarehersteller will den von Sony und Nintendo beherrschten Videospielmarkt erobern.

Walter Ludsteck

(SZ vom 9.3.2002) - Nach jahrelangen Vorbereitungen fordert jetzt ein neuer Konkurrent die Videospiel-Matadoren Sony und Nintendo heraus. Mit der Xbox-Konsole tritt Microsoft nun auch in Europa an. Ziel ist dabei nicht nur die Marktführung. Besondere Chancen sieht der weltgrößte Softwarekonzern im neuen Trend der Online-Spiele.

Xbox-Produktion: In den USA werden laut Angabe von Microsoft 35.000 bis 40.000 Konsolen pro Woche abgesetzt. (Foto: Foto: Microsoft)

Stundenlang warteten bei der Markteinführung der Xbox in den USA (Mitte November) und Japan (Ende Februar) jugendliche Spiele-Fans auf die erste Gelegenheit zum Kauf des neuen Produktes. Robert Bach, für die Xbox verantwortlicher Senior Vice President der Microsoft Corp, sieht den Start der Computerspielkonsole denn auch als Volltreffer - vor allem in den USA. Bis zum Jahresende wurden dort, wie der "Chief Xbox Officer" im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung erklärte, 1,5 Millionen Geräte verkauft. Allerdings, als Sony zwei Jahre zuvor seine Playstation 2 einführte, standen ebenfalls Käuferschlangen vor den Geschäften. Und innerhalb von zehn Tagen setzten die Japaner in ihrem Heim-Markt eine Million Konsolen ab.

Verluste eingeplant

Dennoch, für den Newcomer Microsoft ist die Markteinführung ein Achtungserfolg. Der Konzern überrundete in den USA auf Anhieb Nintendo. Bach zufolge werden dort pro Woche 35.000 bis 40.000 Xbox-Geräte verkauft gegenüber 15.000 bis 20.000 Gamecube von Nintendo. In Japan waren die Ziele Microsofts allerdings erheblich bescheidener. Dort wurde von einem Markteinstieg mit 250.000 Geräten gesprochen, ohne jedoch den Zeitraum genau zu beziffern.

Auch in Europa, wo die Xbox am 14. März in 16 Ländern Premiere hat, liegt die Messlatte nicht so hoch wie in Amerika. Nach inoffiziellen Angaben will Microsoft eine Million Geräte in drei Monaten verkaufen. Bach will dies weder bestätigen, noch dementieren. Er spricht lieber über die weltweiten Planzahlen: 4,5 bis 6 Millionen Xbox sollen bis Ende Juni über den Ladentisch gehen.

Noch froher stimmt Bach eine andere Zahl. Mit der Xbox wurden in den USA durchschnittlich 3,2 Spiele verkauft. Bach sieht darin die Bestätigung, dass die angebotenen Spiele ankommen. Denn die Spiele-Software ist die Schwachstelle Microsofts. Während für die etablierten Anbieter Sony und Nintendo hunderte von Programmen zur Verfügung stehen, fing der US-Neuling bei Null an. In Amerika gibt es laut Bach inzwischen schon 50 Titel für Xbox. In Europa erfolgt der Start mit 20 Spielen. Ihre Zahl soll bis Ende Juni auf 60 steigen. Bis Weihnachten 2002 hofft Bach auf 150 bis 200 Spielprogramme für die Xbox.

Ein Pluspunkt ist, dass die Xbox als erste Konsole eine eingebaute Festplatte besitzt. Das verschafft den Anwendern laut Bach ein "ganz anderes Spielerlebnis". Außerdem verfügt das Gerät, das auf einer PC-Architektur - mit Windows 2000 als Kern und Intel-Prozessor - aufbaut, über einen Breitband-Anschluss für den schnellen Internet-Zugang. Allerdings ist die Xbox deutlich teurer als die Konkurrenzprodukte. Für Europa wird ein Preis von 479 Euro empfohlen. Die Playstation 2 ist schon für gut 300 Euro zu haben. Und auch die Xbox-Spiele (rund 70 Euro) sind nicht gerade geschenkt.

Erstaunlicherweise kostet die Xbox in Japan und den USA umgerechnet nur etwa 300 Euro (ohne Steuern). Trotz der hohen Preise ist die Xbox, wie Bach sagt, - noch - ein Verlustgeschäft. Finanzanalysten haben das Minus je Konsole schon auf 125 Dollar geschätzt. Wann der Konzern mit der Xbox schwarze Zahlen schreiben wird, hängt dem Manager zufolge stark von der Verkaufsstrategie und Preisgestaltung ab. In der jetzigen Anfangsphase geht es Microsoft nach Angaben Bachs vor allem um die Eroberung von Marktanteilen - auch unter Inkaufnahme von Verlusten.

Kommt es zum Preiskrieg?

Experten glauben, dass die verschärfte Konkurrenz im Videospielmarkt zu einem Preiskrieg führen wird, womit die Verluste weiter zunehmen könnten. Doch Bach meint, dass es eher ein Kampf um den Content, also das Spieleangebot, wird und glaubt, dass Microsoft dafür gut plaziert ist.

Ohnehin zielt der US-Konzern mit der Xbox weit über die jetzige Marktsituation hinaus. Microsoft will sich an die Spitze des Online-Spiele-Trends setzen. "Das ist ein wichtiger Teil unserer langfristigen Strategie", erklärt Bach. Schon die Konzeption der Konsole habe man darauf ausgerichtet. Derzeit baue der Konzern einen Online-Spiele-Dienst auf. Mit diesem Projekt seien mehr Personen beschäftigt als es bei der Entwicklung der Konsole waren.

Offensichtlich sieht Microsoft hier auch größere Chancen als im konventionellen Spielemarkt. Denn die Architektur der Sony-Konsole ist, wie Bach erklärte, nicht so gut für Online-Spiele ausgelegt. Und Nintendo wolle sich nicht auf dieses Feld begeben.

Der neue Trend, bei dem die Spieler meist eine monatliche Abonnementgebühr zahlen, wird nach Meinung Bachs in den nächsten drei bis fünf Jahren den Markt umkrempeln. Wie rasch das gehen wird, hängt nicht zuletzt von der Verfügbarkeit schneller Breitband-Internetzugänge ab. In einer früheren Veröffentlichung kündigte Microsoft den Start seines Online-Spiele-Service für das erste Halbjahr an. Doch Bach will sich nicht auf einen genauen Termin festlegen.

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