Wettbewerb:Die Roboter, die aus dem Keller kamen

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Im Film sprechen sie Tausende von Dialekten, steuern ganze Raum-Flotten aufs Wort. Die Roboter, die bei der deutschen Robo-Challenge gegeneinander antraten, scheiterten an weitaus banaleren Aufgaben. Aber darum ging es auch gar nicht in erster Linie.

Lars Spannagel

KnooBot ist verwirrt. Anstatt der schwarzen Linie auf dem Boden zu folgen, wie es die Regeln der Robo Challenge verlangen, hält der kleine dreirädrige Roboter mit den silbernen Felgen immer wieder unschlüssig an.

Dann zuckelt er ruckartig los, dreht sich mehrmals im Kreis und fährt schließlich die Linie entlang zurück zu seinem Erbauer Julian Straub. Der 17-Jährige verzweifelt. Die Siegchancen beim Wettkampf der deutschen Hobby-Roboterbauer sind dahin.

Beim sechsten Treffen der Robotertüftler am vergangenen Samstag in Liederbach bei Frankfurt am Main ist alles eine Frage der Sensorik. KnooBot und seine Konkurrenten müssen selbständig agieren, dafür brauchen sie Informationen.

Die Schwierigkeit liegt darin, die Linie zu erkennen und diese Information im Prozessor richtig zu verarbeiten. Der Roboter Storm meistert den Parcours am besten. Für die sieben Meter lange Strecke benötigt er 8,1 Sekunden.

"Mein Ziel ist eine Höchstgeschwindigkeit von zwei Meter pro Sekunde", sagt Storms Konstrukteur Thomas Faul aus Kaiserslautern, "aber das wird verdammt schwierig."

Das Verhältnis von Reifenbreite, Gewicht und Antrieb muss genau stimmen, sonst schießt Storm an der Linie vorbei. Wenn die Sensoren an der Unterseite keine Orientierung mehr haben, schaltet Storm sich ab. Seine Reifen erinnern trotzdem an die Formel 1.

Die Bremslichter und Blinker, die Thomas Faul eingebaut hat, sorgen beim fachkundigen Publikum für eine Mischung aus Anerkennung und Spott.

Denn mit Robotern, wie man sie aus Science-Fiction-Filmen kennt, haben die Teilnehmer der Robo Challenge nicht viel gemein. KnooBot besteht aus einem Holz-Chassis, einem kleinen Plexiglas-Aufbau und einem wirren Wust von Kabeln.

Andere Roboter sehen so aus, als hätten ihre Konstrukteure alles benutzt, was ihnen im Bastelkeller in die Finger gekommen ist: Nähzeug, Computerschrott, sogar Deckel von Plastikflaschen.

Alexander Wiedekind-Klein hat die Robo Challenge im Jahr 2000 ins Leben gerufen. "Es gab einfach keine Wettbewerbe für Privatleute", sagt er. Schon als Dreizehnjähriger hat er seinen ersten Roboter gebaut, über das Internet fand er Gleichgesinnte.

Inzwischen wächst die Community, wenn auch langsam. In Liederbach sind neun Bastler mit zwölf Robotern am Start. In Japan und den USA sind Roboterwettkämpfe populärer.

Aus den USA stammen auch die Robot-Wars, bei denen die Maschinen sich gegenseitig zerstören müssen. Völliger Quatsch, findet Alexander Wiedekind-Klein: "Ich bastele doch nicht Stunden um Stunden, damit das dann kaputt gehauen wird. Dafür steckt viel zu viel Herzblut in meinen Robotern."

Viel Geld muss er nicht in sein Hobby investieren. Ein paar Sensoren, ein kleiner Prozessor, ein Elektromotor, Akkus, fertig ist der Roboter. "Der Prozessor ist Herz und Hirn der Maschine", erklärt Thomas Faul, der mit der RobotLiga den zweiten deutschen Roboterwettbewerb veranstaltet.

Der Prozessor seines Modells hat drei Euro gekostet, ist mit acht Megahertz getaktet und könnte genau so gut die Temperatur in einem Kühlschrank regeln. Entscheidend ist, mit welchen Befehlen er programmiert wurde. Kompliziert ist das nicht.

Die Kerze finden

Storm beschleunigt, wenn er eine Linie sieht und bremst, wenn er droht, sie zu verlieren. Storm, KnooBot und die anderen sind in etwa auf dem technischen Stand der 80er Jahre, Roboterforscher an Universitäten bewegen sich in ganz anderen Dimensionen. Bei der Robo Challenge geht es aber nicht um Perfektion, sondern um Kreativität.

Denn "Folge der Linie" ist noch die einfachste der insgesamt acht Aufgaben. Im "Mini-Sumo" versuchen zwei Roboter, sich gegenseitig aus dem Ring zu schubsen. Beim "FireFighting" tritt der mit einem kupfernen Presslufttank ausgestattete R2 an. "Die Kerze zu finden, wird das Hauptproblem", sagt Besitzer Frank Popp.

Die Sensoren haben große Schwierigkeiten, die Wärmequelle zu entdecken. Mit leichter Hilfe - Frank Popp setzt den R2 kurz vor die Kerze - klappt es dann doch, Luft zischt aus einer Düse und die Flamme ist aus. Die Konkurrenz klatscht anerkennend Beifall.

KnooBot ist zum "FireFighting" nicht geeignet. Julian Straub montiert gerade einen Vorbau, der an einen Mähdrescher erinnert. Damit soll KnooBot in einer vier Quadratmeter großen Arena Teelichter einsammeln und in eine markierte Ecke bringen. Beim Üben am Vormittag war er mehr damit beschäftigt, die flachen Holzwände der Arena zu demolieren.

Als es losgeht, sieht alles gut aus. KnooBot macht sich im Zeitlupentempo auf die Suche, findet mit seinem Ultraschallsensor einige Teelichter und schiebt sie Richtung Ecke. Dann fangen die Probleme an. Der Sammelmechanismus öffnet sich nicht richtig.

KnooBot startet zum nächsten Beutezug, obwohl sein Teelicht-Magazin noch voll ist. Nach einigen Minuten gelingt es dem Roboter, seinen Fang wieder los zu werden, allerdings in der falschen Ecke. Die Jury hat ein Einsehen und bricht den Wettbewerb ab.

"Zu Hause hat alles super funktioniert", sagt Julian Straub. Dass KnooBot wieder versagt hat, erklärt Straub mit der ungewöhnlichen Ansammlung von Technik in der Liederbacher Mehrzweckhalle: "Die Signale der anderen Roboter haben seinen Kompass verwirrt." Obwohl KnooBot die falsche Ecke der Arena angesteuert hat, bekommt er den ersten Preis im Teelichter-Sammeln. Er war der einzige Teilnehmer.

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