Trojaner hört mit:Bayerisches LKA belauscht Internet-Telefonate

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Kurz vor den Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts zu den umstrittenen Online-Durchsuchungen sorgen Berichte über das Abhören von Internet-Telefonaten für neuen Wirbel. Laut einem Magazinbericht bestätigte das bayerische Landeskriminalamt, dass es seit dem Sommer in mehreren Fällen auf Computern von Verdächtigen Spähprogramme installiert hat.

Einem Spiegel-Bericht zufolge setzt neben dem LKA derzeit auch der Zollfahndungsdienst in zwei Fällen Spähprogramme, sogenannte Trojaner, zur Überwachung ein. Dies gehe aus einer schriftlichen Anfrage der FDP-Bundestagsabgeordneten Gisela Piltz hervor. Im Gegensatz zur Online-Durchsuchung von Heimcomputern soll damit aber nicht die Festplatte von Verdächtigen ausgelesen werden. Bei Internet-Telefonaten werden die Trojaner genutzt, um die Gespräche noch vor der Verschlüsselung, also an der Quelle, abhören zu können.

Trojaner hört mit: Bayerisches LKA belauscht Internet-Telefonate (Foto: Foto: dpa)

Politiker von SPD, FDP und den Linken kritisierten, dass dafür genauso die rechtliche Grundlage fehle wie bei der Online-Durchsuchung. Mit der Zulässigkeit dieses Überwachungsinstruments wollen sich die Karlsruher Richter am Mittwoch befassen.

Ein LKA-Sprecher wies inzwischen den Spiegel-Bericht als falsch zurück. Es sei zwar richtig, dass Internet-Telefonate überwacht würden, sagte er der Nachrichtenagentur ddp am Samstag. Dazu würden aber keinesfalls Spähprogramme, sogenannte Trojaner, eingesetzt. Dies mache technisch auch gar keinen Sinn, betonte er.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die umstrittene Online-Durchsuchung im April bis auf weiteres wegen einer fehlenden Gesetzesgrundlage gestoppt. Dem Bericht nach hält das Innenministerium die Quellen-Telekommunikationsüberwachung aber für rechtlich gedeckt. Da es sich um die Kontrolle des Fernmeldeverkehrs handle, gelte für das Belauschen von Internet-Gesprächen die gleiche Grundlage wie für das Abhören von Festnetz- oder Handy-Telefonaten. Auch das Installieren von Trojanern sei in diesem Fall abgesichert.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz hält hingegen eine eigene Rechtsgrundlage für erforderlich. Gedeckt sei nur das Abhören der Internet-Telefonate, nicht aber der Eingriff, der dies ermögliche, sagte er. Auch Linke-Fraktionsvize Petra Pau kritisierte, das Bundesinnenministerium bewege sich auf "rechtlich nicht gedecktem Terrain".

Der FDP-Innenexperte Max Stadler forderte die bayerische Staatsregierung auf, sofort alle heimlichen Online-Durchsuchungen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu stoppen. "Es zeugt von grober Respektlosigkeit vor dem höchsten deutschen Gericht, wenn die Staatsregierung nicht einmal die Verhandlung und Entscheidung Karlsruhes abwartet", sagte der Passauer Bundestagsabgeordnete. Bayerns noch amtierender Innenminister und designierter Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) trage die Verantwortung dafür, dass das LKA dem Beispiel Schäubles nicht gefolgt sei, kritisierte er.

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