Tatort Internet:Fahndung mit Bundestrojanern

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Im Zuge der Terrorbekämpfung fordert Innenminister Schäuble die online-Durchsuchung von Computern. Mit speziellen Programmen soll das BKA über das Internet auf Festplatten zugreifen können.

Bernd Graff

Zu den Maßnahmen der Terrorbekämpfung gehört auch, dass die Informationen von Polizei und Geheimdiensten in einer zentralen Anti-Terrordatei gebündelt werden sollen. Das hat der Bundestag Ende letzten Jahres beschlossen.

Diese Zentraldatei soll beim Bundeskriminalamt (BKA) geführt werden. Bundesinnenminister Schäuble sähe die Befugnisse des BKA gerne erheblich erweitert. So schweben ihm sogenannte "Online-Durchsuchungen" vor, die das BKA in die Lage versetzen sollen, die Festplatte jedes an das Internet angeschlossenen PCs heimlich zu durchsuchen.

Leisten soll dies eine neue, inzwischen auf 200 000 Euro Entwicklungskosten geschätzte Software, die teils aus laufenden Mitteln, teils aus den Fonds des "Programms zur Stärkung der Inneren Sicherheit" finanziert werden soll. Tatsächlich ist die Software konzipiert wie die von Hackern so genannte "Spyware". Das ist Schad-Software, die von Kriminellen hergestellt wird, um fremde Rechner auszuspionieren, etwa um nach Passwörtern für das Onlinebanking zu suchen.

Bundesinnenministerlich genutzt werden sollen auch hier die zahlreichen Sicherheitslücken in den gängigen Betriebssystemen. Schäuble macht sich also stark für eine legalisierte Form von Cyber-Angriff.

Lauschangriff per Spy-Ware

Die Software soll auf die Rechner eingeschleust werden, um unbemerkt in dort gespeicherten Daten zu schnüffeln. Diese Spyware ist darum schon "Gov-Ware" oder "der Bundestrojaner" getauft worden, weil sie sich dem Anwender unterschiebt wie das hölzerne Pferd des Odysseus' den belagerten Trojanern. Schäuble hat vor, die nun polizeilich durchgeführte List-Attacke zu einem Standard-Ermittlungsinstrument bei der Terrorabwehr zu erheben.

Widerspruch aus vielen Richtungen

Das Bundesgerichtshof (BGH) hat diesem Ansinnen zunächst einen Riegel vorgeschoben. Anträge auf Onlinedurchsuchungen seien nicht genehmigungsfähig, weil diesem schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung "die notwendige gesetzliche Gestattung" fehle.

Hinzu komme, dass bei solch einem Trojaner-Angriff alle gespeicherten Daten ausgespäht würden, nicht nur verdächtiger Schriftverkehr. Und das passe nicht zu den Vorschriften über Hausdurchsuchungen. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils hatte Generalbundesanwältin Monika Harms Beschwerde gegen das Urteil eingelegt.

Diese Beschwerde ist noch nicht verhandelt worden. Schäuble will notfalls auf eine Änderung des BKA-Gesetzes hinarbeiten, um die "modernen" Ermittlungsmethoden zu legalisieren.

© SZ vom 24.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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