Second Life:Virtuelle Kinderpornos im Visier der Fahnder

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In der virtuellen Welt von Second Life hält nun das deutsche Gesetz Einzug: Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt gegen Unbekannte wegen Kinderpornografie.

Simon Feldmer

In den Blog-Foren der Republik wird der Hype um das Online-Spiel Second Life nur noch mit Verachtung behandelt. Bei nicht wenigen deutschen Internetnutzern scheint das virtuelle zweite Leben im Netz indes recht beliebt zu sein.

(Foto: Screenshot: Gary Hayes)

Eine aktuelle Studie des Londoner Marktforschungsinstitutes ComScore zählt am meisten Deutsche in der Online-Welt. 209.000 Deutsche (über 15 Jahre) waren demnach im März bei Second Life zugange. Damit liegen die Deutschen noch vor den Amerikanern, die es den englischen Marktforschern zufolge nur auf 207.000 Bewohner brachten.

Insgesamt stellten die Europäer mit 61 Prozent die stärkste Usergruppe im virtuellen zweiten Leben. Linden Lab, die amerikanische Mutterfirma des Online-Spiels, spricht von derzeit weltweit über sechs Millionen Mitgliedern, beinahe 1,7 Millionen hätten sich in den letzten sechzig Tagen angemeldet.

Doch in Zukunft werden sich nicht mehr nur Blogger kritisch über die angebliche "Marketingblase" Second Life auslassen. Seit wenigen Tagen ist auch die Staatsanwaltschaft - angestoßen von Recherchen eines Reporterteams des Südwestrundfunks (SWR) - aktiv.

Kindersex für zwei Euro

Nick Schader und Thomas Dauser berichten in der aktuellen Report Mainz-Ausgabe über massive Fälle von virtueller und realer Kinderpornographie in Second-Life-Nutzergruppen. Schader und Dauser sind mit ihrem in Teilen gesendeten Material bei Oberstaatsanwalt Peter Vogt in Halle vorstellig geworden.

Vogt, Leiter der Zentralstelle gegen Kinderpornographie, war im September 2006 leitender Ermittler der Operation "Mikado". Dabei ging es um Kinderpornographie auf einer Internetseite, deren Nutzer per Kreditkarte zahlten.

Reporter Schader, selbst seit Monaten Spieler bei Second Life, sei schon vor Wochen auf diverse Fälle gestoßen. Second-Life-Bewohner, auch aus Deutschland, sollen sich mit ihren virtuellen Existenzen (Avatare) zum Sex verabredet haben.

Schader gab sich daraufhin als Voyeur aus und durfte gegen Bezahlung - 500 Linden Dollar (rund 2 Euro) - den virtuellen Kinderpornotreffen beiwohnen. "Das war erschreckend mitanzusehen", sagt Schader.

Virtuelle Treffen, realer Kontakt

Noch erschreckender sei gewesen, berichtet der Reporter, dass er über bestimmte Second-Life-Nutzergruppen auch Kontakt zu realen Händlern von kinderpornographischen Bildern bekommen habe.

Staatsanwalt Vogt sei dabei, gegen die Händler ein Ermittlungs-, gegen die virtuellen Porno-Spieler, deren wahre Existenzen noch unklar sind, ein Vorermittlungsverfahren einzuleiten. Auf Nachfrage bestätigte Jörg Wilkmann, Leiter der Staatsanwaltschaft in Halle: "Wir werden der Sache nachgehen."

Auch jugendschutz.net, die länderübergreifende Stelle für Jugendschutz im Internet, ist aktiv geworden. Leiter Friedemann Schindler sagte der SZ: "Uns sind mehrere Fälle von virtueller Kinderpornographie in Chatforen bekannt, auch in Second Life."

Schindlers Stelle hat bisher erfolglos versucht, mit verantwortlichen Personen der Second-Life-Betreiberfirma in San Francisco in Kontakt zu treten. Ob dort der Ernst der Lage überhaupt erkannt wird, muss sich zeigen. Schindler: "Im Gegensatz zu Deutschland ist in den USA virtuelle Kinderpornographie keine Straftat." Rein technisch wäre es kein Problem, derartige virtuelle Darstellungen im Internet zu verhindern, so der Jugendschützer.

Die Sendung "Report Mainz" wird Montagabend um 21.45 in der ARD ausgestrahlt.

© SZ vom 8.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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