Neue Aufsichtsrätin des Online-Speicherdienstes:Dropbox-Nutzer wettern gegen Condoleezza Rice

Lesezeit: 1 min

Condoleezza Rice (Foto: AFP)

Ausgerechnet ein Dienst, der Daten verwahrt, holt eine Verteidigerin des US-Überwachungsapparates in seine Reihen: Condoleezza Rice wird Verwaltungsrat bei Dropbox. Nutzer fürchten um ihre Privatsphäre und drohen mit Boykott.

Sie war Außenministerin unter George W. Bush und vertrat seine Politik vor der Welt. Jetzt sitzt Condoleezza Rice im Verwaltungsrat des Online-Speicherdienstes Dropbox. Den Nutzern gefällt es allerdings gar nicht, dass jetzt ausgerechnet Rice für ein Unternehmen Verantwortung trägt, dem sie ihre Daten anvertrauen sollen. Sie proben den Aufstand.

"Auf Wiedersehen", erklärten am Donnerstag mehrere Nutzer im firmeneigenen Diskussionsforum. "Ich werde meinen Account kündigen."

Mit der Ernennung habe Dropbox bewiesen, dass das Unternehmen absolut kein Interesse am Datenschutz habe, schrieb ein Nutzer. Diese Äußerungen gehörten noch zu den harmloseren. Andere Kommentatoren griffen zu Hitler-Vergleichen, bezeichneten Rice als Kriegsverbrecherin oder verlangten eine Gefängnisstrafe für sie.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Rice war vor ihrer Zeit als Außenministerin in der Regierung von George W. Bush seine Nationale Sicherheitsberaterin. Sie gilt als mitverantwortlich für den Ausbau des staatlichen Überwachungsapparats nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und soll unter anderem das Abhören von Diplomaten im UN-Sicherheitsrat vor dem Irakkrieg authorisiert haben.

Dropbox bietet Nutzern die Möglichkeit, Dateien online zu speichern und von verschiedenen Geräten aus abzurufen. Die Firma verdient Geld mit Gebühren für zusätzlichen Speicherplatz. Sie hat mehr als 200 Millionen Nutzer und gehört zu den prominentesten Unternehmen des Silicon Valley. Immer wieder wird über einen möglichen Börsengang spekuliert. Große Rivalen sind Google mit dem Speicherdienst Google Drive, Microsoft mit OneDrive oder der Spezialanbieter Box.

"Brillant und verdienstvoll"

Dropbox-Mitgründer und -Chef Drew Houston hatte am Mittwoch im Firmenblog die Personalie verkündet: "Wir sind stolz darauf, Dr. Condoleezza Rice in unserem Verwaltungsrat begrüßen zu dürfen." Sie soll demnach helfen, die weltweite Expansion voranzutreiben. Houston verwies unter anderem darauf, dass sie schon in den Verwaltungsräten des Computerbauers Hewlett-Packard und der Finanzfirma Charles Schwab sitze. "Wir fühlen uns geehrt, jemand so brillantes und verdienstvolles wie Dr. Rice zu unserem Team hinzufügen zu können."

Im September vergangenen Jahres hatte sich Dropbox der Forderung anderer US-Technologiekonzerne zu mehr Transparenz bei Geheimdienstanfragen angeschlossen. Mitgründer Houston gehörte zu den Firmenchefs, die im März bei Präsident Barack Obama eingeladen waren, um über den NSA-Skandal zu sprechen. Die Firmen fürchten, dass sie das Vertrauen ihrer Nutzer insbesondere im Ausland verlieren könnten, nachdem der Umfang des Apparates zur Internet- und Telefonspionage des US-Geheimdienstes bekanntgeworden ist. Jetzt haben sie eine ehemalige Vertreterin dieses Apparates in einem ihrer Führungsgremien.

© Süddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: