Musiksoftware Sequel:Mit aller Leichtigkeit

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Seit Jahren steht die Musiksoftware der Firma Steinberg für professionelle Gediegenheit - und war damit für die junge Remix-Generation uninteressant. Jetzt soll sich das ändern: Behutsam wurden Anleihen bei Apple und Ableton genommen.

hgn

Eine neue Musikergeneration ist herangewachsen. Es sind die Klangkünstler am Laptop, die beliebiges Audiomaterial auflösen, neu zusammenfügen, mit anderen Klängen unterlegen - und auf diese Weise in Windeseile am PC frisches Liedgut mischen. Volksmusik ganz eigener Art.

(Foto: N/A)

Das Ergebnis mag zuweilen banal sein, wie Tondichten mit gegebenen Versen eben so ist - aber es kann trotzdem gut klingen und Lust auf mehr machen.

Auch die Unternehmen haben die Dynamik dieser Entwicklung erkannt und unterziehen sich, sofern sie nicht Vorreiter dieser Entwicklung waren, einer Verjüngungskur: Steinberg etwa, eine der großen Gesellschaften im Musiksoftware-Geschäft.

Lange hatte Steinberg zugesehen, wie sich die iTune-Generation mit Apples "Garageband", Magix' "Music Maker" oder, wenn das Geld reichte, auch mit Abletons "Live" vergnügte und die hauseigene klassische Produktionssoftware Cubase keines Blickes würdigte. Zu professionell, zu kompliziert und gemessen an den Bedürfnissen zu teuer.

Darum gibt es jetzt eine neue Software des Hamburger Unternehmens: Sequel. Jedermann soll damit innerhalb kurzer Zeit einen Song mixen können.

"Music Creation and Performance" steht auf der Packung und der Nutzer wird mit Du angeredet. Das sagt schon viel. "Creation" bedeutet, dass reichlich Klangmaterial mitgeliefert wird, mit dem sich schnell ein paar Ergebnisse produzieren lassen, "Performance" soll tapfer Bühnenreife signalisieren und die Anrede "Du", dass eine eher jüngere Zielgruppe anvisiert wird. In der Tat sind es die U25-jährigen, an die Steinberg das Produkt vor allem verkaufen will. Preislich bleibt man daher auch knapp unter der 100-Euro-Marke.

Die Aufmachung des Programms ist symbolorientiert, apple-elegant und durchaus gelungen. Um der Einfachheit willen wurden alle Funktionen auf einer Seite untergebracht, nur einige Arbeitsflächen werden getauscht.

Die mitgelieferten Klänge sind wesentlicher Bestandteil des Produkts: Dreieinhalb Gigabytes Daten in Form von kurzen Musikschnipseln, sogenannter Loops, und "Sounds" - die extern über ein Midikeyboard bedient werden können.

Die Loops können nach Belieben aufgereiht, zerschnibbelt, vervielfacht und verschoben werden. Das Programm gleicht dabei automatisch Tempo und Tonart an. Auch zeigt das Programm Loop-Verwandschaften an: Wird dieser Loop ausgewählt, könnte auch jener dazu passen. Nette Idee, die rasch zu Ergebnissen führt.

Eine Besonderheit des neuen Programms: In Musikstücken lassen sich sogenannte Parts definieren. Der erste Part kann beispielsweise aus Takt eins und zwei bestehen, der zweite Part aus den Takten drei bis fünf. Diese Parts lassen sich dann in beliebiger Reihenfolge abspielen und wiederholen. Für die, die den Vorreiter dieser Entwicklung - Ableton - kennen: Eine Art Ableton light, allerdings in umgekehrter Reihenfolge.

Etwas erstaunt nimmt man freilich zur Kenntnis, dass Steinberg Sequel zu einem geschlossenen System erklärt hat. Natürlich können externe Dateien geladen und echte Musikinstrumente angeschlossen werden - nicht aber programmexterne virtuelle Instrumente. Damit bleibt ausgerechnet jene Software-Kategorie außen vor, mit der das Experimentieren erst recht Spaß macht.

Das ist ein Schwachpunkt im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten. Nur zur Erinnerung: Die für die Einbindung von Softwareinstrumenten erforderliche "Virtuelle Studio Technologie", kurz VST, bis heute eine der wichtigsten Schnittstellen im Musiksoftware-Bereich überhaupt, wurde von Steinberg entwickelt - und dann ignoriert sie das Unternehmen einfach.

Zudem können vorerst die in Sequel erstellten Arrangements nicht im Steinberg-Produktionsprogramm Cubase genutzt werden. Das soll sich aber nach einem der nächsten Updates ändern. Allerdings nur in eine Richtung: Die Cubase-Arrangements werden für Sequel unerreichbar bleiben. Und ob die Updates überdies für alle Cubase-Varianten durchgeführt werden - also etwa auch für die Light-Version Cubase SE, ist derzeit unsicher.

Sequel ist eine Software, die mit ihrer vereinfachten Bedienbarkeit Neulinge ansprechen soll. Das dürfte ihr gelingen. Doch diejenigen, die höhere Ansprüche an Musiksoftware haben, werden enttäuscht sein. Da ist - gemessen an der Ausstattungsfülle preislich vergleichbarer Programme - Steinberg unter den Möglichkeiten geblieben.

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