Musikportal Potato:Die faire Kartoffel

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Der Kampf der Musikindustrie gegen das digitale Kopieren von Musik erschwert es weniger bekannten Musikern, mit ihrer Kunst zu Geld zu kommen. Das soll Potato - eine Art legales Schneeball-System - ändern. Jeder, der einen Song kauft und ihn weitervertreibt, verdient mit.

Von Fritz Niemann

In analogen Zeiten war alles einfacher: Ein Tape in den Kassettenrekorder stecken, Musik von CD oder Schallplatte aufnehmen und weitergeben. Keiner dachte sich was Schlechtes dabei, und der Industrie war's auch egal - schließlich erreichte die Qualität nie die des Originals.

(Foto: Foto: 4FO AG)

Doch mit der Möglichkeit, digitale und damit verlustfreie Kopien herzustellen, brach in der Musikindustrie die große Panik aus. Digitale Wasserzeichen und andere Arten des Kopierschutzes sollen die illegale Verbreitung von Musik verhindern.

Die letzte Konsequenz

Selbst der unbescholtene Konsument kann mittlerweile bei vielen CDs sein Recht auf eine private Kopie nicht mehr nutzen. In letzter Konsequenz wird gerade die Musik unbekannterer Künstler noch weniger verbreitet, als es ohnehin schon der Fall ist.

Genau diesen Umstand soll das "Potato-System", ein neues Musikportal im Internet, ändern.

Die primäre Zielgruppe für Potato ist die große Masse unbekannter Musiker. Diese haben die Wahl: Entweder sie unterwerfen sich dem Diktat der traditionellen Labels und versuchen auf diesem Wege reich und berühmt zu werden. Oder Sie bieten ihre Werke den Peer-to-peer-Tauschbörsen im Internet an.

In beiden Fällen stehen Aufwand und Ertrag zumeist in keinem günstigen Verhältnis für die Musiker.

Sie möchten ihre Musik verkaufen und damit Geld verdienen. Dies setzt natürlich eine hohe Verbreitung ihrer Musik voraus. Im Internet, in Form von MP3-Dateien ist dies mit dem geringsten Aufwand möglich. Allerdings muss dem Musikkonsumenten ein Anreiz gegeben werden, dass er auch kauft wenn ihm die Musik gefällt.

Der Kaufanreiz

Im Potato-System können Konsumenten sich die Musik ungehindert herunterladen. Der Kaufanreiz besteht darin, dass angemeldete Nutzer automatisch mit der Bezahlung außerdem das Recht erhalten, am Vertrieb des Musikstücks mitzuverdienen.

"Potato schafft Anreize für den Vertrieb, denn jeder aktiv Beteiligte bekommt seine Belohnung", so Mitentwickler und 4FO-Vorstand Dr. Jürgen Nützel.

Der einfache Kauf von Musiktiteln läuft hier zwar auch so ab, wie bei den anderen Portalen von iTunes bis Phonoline. Bezahlen kann man per Telefon und den üblichen Internetdiensten wie PayPal oder FirstGate.

Allerdings erhält der Käufer zusätzlich das Recht, den erworbenen Titel weiterzuvertreiben, wenn er sich wie der Musiker bei Potato registriert.

Und dabei kann er sogar noch Geld verdienen.

Bietet Hans einen bei Potato erworbenen mp3-Track auf seiner Homepage an und Paul kauft ihn dort, erhält Hans immerhin noch 20 % des ursprünglichen Preises, den er bei Potato bezahlt hat. Wenn nun Bernd bei Paul den Song kauft, erhält Hans nochmals 10 % und Paul 20 % des Kaufpreises gutgeschrieben.

Pro Kaufvorgang werden maximal 35% an Provisionen auf maximal drei Parteien verteilt. In der vierten Runde scheidet die erste Partei aus, und die Provisionssätze setzen sich nach unten fort.

Die restlichen 65% des jeweiligen Kaufpreises fallen anteilig an den Urheber des MP3s, GEMA sowie Abrechnung.

Alle verdienen

Potato funktioniert wie ein legales Schneeballsystem. Doch hier gibt es am Ende keine langen Gesichter, denn die Leistung - den heruntergeladenen Song - erhält man in jedem Fall, und wenn es gut geht, noch etwas oben drauf.

Die Erprobungsphase von Potato ist abgeschlossen, Interessierte können ihre mp3-Files der Tauschbörse "Dorfdisco" (siehe Link) anbieten, um sie dort zu veröffentlichen.

Außerdem können Musiker und Produzenten selbst mit den Betreibern des Potato-Systems, der 4F0 AG, Verträge über das Hochladen von MP3-Dateien in das System abschließen.

Das Potato-System ist eine Gemeinschaftsentwicklung des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie und der 4FO AG.

Ohne Sorgen

Es ist wie eine Rückkehr in die guten analogen Tage: Nutzer können munter und ganz legal Tracks mit ihren Freunden tauschen und auf CD brennen, ohne sich Sorgen um die Rechtmäßigkeit ihres Tuns zu machen.

Und weniger bekannte Musiker haben die Gelegenheit, auch ohne hart erkämpftem Plattenvertrag ihr Leben zu bestreiten.

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