Kriminalität im Internet:Falsche Freunde

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Weil die Länder damit beschäftigt sind, Schulen überhaupt ans Netz zu bekommen, spielt Internetsicherheit im Lehrplan keine Rolle

Angela Köckritz

Klaus' neue Freunde sind sonderbar, aber weil seine Mutter eine freundliche Frau ist, bittet sie alle zur Tür herein. ,,Wo ist Klaus?'', bellt einer der vier vierschrötigen Kerle mit Glatzen und Springerstiefeln, und auch die vollbusige Dame, die ein ganzes Varietétheater anführt, möchte gerne zu ,,Klausi'', ,,paar neue Stellungen ausprobieren.''

(Foto: Screenshot: SZ)

Auf der Suche nach Klaus sind auch ein Psychopath mit Vorderlader und ein Android, der die ganze Einrichtung niederballert. Sie alle schickt die Mutter ins Kinderzimmer. Der reizendste Gast aber kommt zum Schluss: Ein Pädophiler, der Klaus' Schwester Anna mit sich nimmt. Blende - weiße Schrift auf schwarzem Grund: ,,Im wirklichen Leben würden Sie Ihre Kinder schützen. Dann machen Sie es doch auch im Internet.''

Der Spot läuft derzeit in den Kinos, eine Initiative von Klicksafe, dem deutschen Beitrag zum Safer Internet Programme der Europäischen Union. Das Internet soll sicherer für Kinder werden, daran arbeitet Klicksafe mit Partnern wie den Landesrundfunkanstalten, Schulen, der Industrie. An für sich sei das Internet ,,für Kinder eine große Chance'', sagt Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der Schirmherr des Spots, es komme allerdings auf den richtigen Umgang an. Kinder müssten lernen, sich sicher im Internet zu bewegen. Den Kontakt mit Pädophilen vermeiden, Seiten mit radikalen oder gewalttätigen Inhalten umgehen. ,,Medienkompetenz'' nennt das der Minister.

Sicherheit nicht auf dem Lehrplan

Lernen sollen sie die Kinder nicht nur zu Hause bei den Eltern, sondern auch in der Schule. ,,Computer und Internet sollten in alle Schulfächer und Schulformen integriert werden'', fordert Ralf Münchow, Vorstand des Vereins Schulen ans Netz. Tatsächlich dürfte die Situation an den einzelnen Schulen sehr unterschiedlich aussehen.

So freute sich der Verein im Oktober vergangenen Jahres darüber, dass 75 Prozent aller Schulen einen Breitband-Internetzugang haben. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass ein Viertel aller Schulen noch immer über keinen adäquaten Internetzugang verfügen. ,,Noch hat kein Bundesland das Thema Internetsicherheit verbindlich als Lehrinhalt festgeschrieben'', sagt Münchow.

Informationen darüber, wie sie Kindern das Thema Sicherheit im Netz vermitteln können, finden Lehrer und Eltern auf der Website www.sicherheit-macht-schule.de. Hier lernen Schüler zum Beispiel ein gutes Passwort zu entwickeln, auf Viren oder versteckte Dialerprogramme zu achten. Längst haben sich einige Betrüger auf Kinder spezialisiert: So können etwa Websites, die Malvorlagen oder Hilfe bei Hausaufgaben versprechen, Dialerprogramme enthalten.

Ganz besonders wichtig für Kinder ist das Verhalten in Chats oder auf Netzwerk-Plattformen wie myspace.com, weil Pädophile oftmals versuchen, über solche Seiten Kontakt zu Kindern aufzunehmen. Kinder sollten daher nichts Persönliches wie ihren vollen Namen, ihre Telefonnummer oder Adresse preisgeben und erst recht keine Fotos von sich ins Internet stellen oder ihre Webcam benutzen.

Vor allem sollten sie sich nie allein mit Unbekannten treffen. Eine sichere Alternative zu öffentlichen Chats bieten Kinderchats wie http://chat.seitenstark.de oder www.internauten.de, die von Betreuern überwacht werden. Auf www.internauten.de finden Kinder auch die Abenteuer der Comicfiguren Internauten, die Jagd auf gefährliche Viren machen und Kindern dabei einiges über die Sicherheit im Netz beibringen. Für Ältere gibt es die Chat-Angebote www.diddl.de oder www.yamchatter.de. Haben die Kinder die wichtigsten Regeln der ,,Netiquette'' erlernt, können ihnen Eltern und Lehrer einen Pass herunterladen: das Internet-Seepferdchen (www.internet-seepferdchen.de).

Filterprogramme sind Hilfe, kein Ersatz für Fürsorge

,,Kinder brauchen kindgerechte Angebote'', fordert Neumann. ,,Nur mit Verhindern und Verbieten geht es nicht.'' Angebote für Kinder finden sich auf der Website www.seitenstark.de: Da gibt es zum Beispiel ein Kinderradioprogramm, die Suchmaschine www.blinde-kuh.de oder aber die virtuelle Stadt www.kidsville.de, in der Kinder Möbelstücke erfinden oder ihr Traumzimmer zusammenstellen können.

Fast alle Jugendlichen surfen zu Hause, ergab eine Umfrage der Initiative D21. Vier von zehn Jugendlichen haben sogar einen eigenen Anschluss im Zimmer. Für Eltern ist es oft nicht so einfach, das Surfverhalten ihrer Kinder zu überblicken, umso mehr, da sich die meisten Jugendlichen besser mit dem Netz auskennen als ihre Eltern. Da kann die richtige Technologie Abhilfe schaffen. Spezielle Programme ermöglichen den Eltern, die Zeit zu begrenzen, die ihre Kinder im Netz verbringen. Sie können auch nachprüfen, was ihr Kind im Netz eigentlich macht und welche Seiten es besucht hat.

Filterprogramme wie Netnanny, Cybersiter und ICRAplus sollen Kinder vor Pornographie und Gewaltvideos schützen - ganz sicher sind aber auch sie nicht.

Hundertprozentige Sicherheit könne keine Technologie leisten, sagt Achim Berg, der neue Chef von Microsoft Deutschland. ,,80 Prozent der Deutschen fühlen sich im Netz sicher - aber sind wir das wirklich?'' Ein wenig gleiche das Internet da dem wirklichen Leben. ,,Wir werden ja auch nicht abends ins Bett gehen ohne die Tür zuzumachen.''

Das, was die Technologie nicht leisten könne, müsse über Aufklärung geschehen, sagt Berg. ,,Wir müssen die Jugend immun gegen bestimmte Inhalte machen.''

© SZ vom 10.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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