Kopierschutz:Wenn Robbie Williams nicht mehr singen will

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Zu dumm. Das neue Album des Chartbreakers lässt sich wegen eines neuen Kopierschutzes auf vielen Playern nicht abspielen. Da bleibt nichts als zurückgeben.

Nikolaus von Twickel / AP

Das neue Robbie-Williams-Album "Escapology", bis vor kurzem noch Nummer eins der deutschen Pop-Charts, war für einige Käufer ein Reinfall. Im CD-Player des Autoradios war von dem britischen Exzentriker nichts zu hören. Wer sich deswegen beschwerte, bekam meist den Kaufpreis erstattet. Grund für das Malheur war ein neuer Kopierschutz.

Das Robbie-Williams-Album kam bei EMI heraus, wo man die Probleme mit einigen Auto-CD-Systemen einräumt. (Foto: AP)

Damit soll eigentlich die illegale Vervielfältigung von Musik über PC und Internet verhindert werden. Dummerweise macht die Technik aber das Abspielen auf bestimmten CD-Playern unmöglich. Gängige Kopierschutzsysteme legen auf der CD ein fehlerhaftes Signal (eine "zweite Session") an, das nur von so genannten Multisession-Geräten gelesen werden kann, die vor allem als CD-ROM-Laufwerke zum Einsatz kommen. Erkennt hingegen ein gewöhnlicher Audio-Player das Signal, betrachtet er die CD als fehlerhaft und verweigert das Abspielen. Betroffen sind nach Angaben von Verbraucherschützern auch einige DVD-Abspielgeräte.

Das Robbie-Williams-Album kam bei EMI heraus, wo Carl Mahlmann die Probleme mit einigen Auto-CD-Systemen einräumt. Die Einführung der Multisession-Unterstützung in CD-Laufwerke für das Auto hatte die Unterstützung von Navigationssystemen zum Ziel - so werden etwa neue Karten auf einer CD-ROM ausgeliefert. "Leider haben uns die Autohersteller nichts davon gesagt", klagt Mahlmann. Man wolle das Problem aber in wenigen Wochen beheben. Bis dahin verweist er auf die EMI-Homepage, wo man Informationen über Pressungen mit neueren Kopierschutz-Versionen erhält.

Verbraucherschützer kritisieren die mangelhafte Informationspolitik der Phono-Industrie: Seit Monaten habe sich die Kopierschutz-Praxis heimlich eingeschlichen, ohne dass die Verbraucher ausreichend Bescheid wüssten, schimpft Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Jurist betont, dass es ein klarer Mangel sei, wenn eine CD nicht abgespielt werden könne - der Kunde sei dann berechtigt, sie zurückzugeben und den Kaufpreis zurückzuverlangen. Außerdem kritisiert Schröder, dass auf vielen CD-Hüllen unzureichend vor dem verwendeten Kopierschutz gewarnt werde und Verbraucher somit getäuscht würden. Ihm sei es sogar passiert, dass eine Warnung einfach vom Preisschild überklebt gewesen sei.

Im Fall des Robbie-Williams-Albums sei der Kopierschutz-Aufdruck zu klein geraten, räumt EMI-Vertreter Mahlmann ein. Kritik wegen mangelnder Transparenz lässt die Branche aber nicht gelten. Bereits seit April 2001 weise der Bundesverband der Phonoindustrie massiv auf die Kopierschutz-Maßnahmen hin, betont Pressesprecher Hartmut Spiesecke. Mittlerweile seien auf praktisch jeder betroffenen CD Hinweise und Bemerkungen zur Lauffähigkeit enthalten. Die Reklamationsrate wegen Unspielbarkeit bewege sich im Promillebereich. Wäre sie höher, hätte man gewiss anders reagiert, sagt Spiesecke.

Im Handel herrscht dennoch Verärgerung. Beim Karstadt-Konzern, zu dem auch die Phono-Kette WOM gehört, wird betont, dass besonders Player von Markenherstellern betroffen seien. "Unsere Kunden sind frustriert, weil sie unterstellen, wir verkauften minderwertige Ware, die auf ihren hochwertigen Anlagen nicht läuft", sagt Karstadt-Sprecher Michael Scheibe. Einige Kunden tauschten als Konsequenz ihre CDs durch nicht kopiergeschützte ein. Scheibe fürchtet aber, dass sich immer mehr Musikfans den fehlenden, mit minderwertigem Kopierschutz ausgestatten Titel "mal eben" von einer beliebigen Plattform herunterladen. "Die generelle Mediennutzung verlagert sich dadurch vom CD-Player zum PC", klagt er.

Möglicherweise Schuss nach hinten

Somit könnte der Schuss der Phonoindustrie nach hinten losgehen: Der Kopierschutz richtet sich ja gegen die massenhaft am Computer erstellten und im Internet verbreiteten Raubkopien. 2001 wurden Branchen-Untersuchungen zufolge erstmals mehr CD-Rohlinge mit Musik gebrannt als neue CD-Alben verkauft. Laut Verbandssprecher Spiesecke gingen die Umsätze im vergangenen Jahr um schätzungsweise 15 Prozent zurück.

Die noch in diesem Jahr geplante Reform des Urheberrechts soll das Knacken von CD-Kopierschutzsystemen gesetzlich verbieten. Aber auch danach solle das bestehende Recht gewahrt bleiben, sich eine private Sicherheitskopie einer Musik-CD anlegen zu können, betont der SPD-Politiker Dirk Manzewski, der als Mitglied des Bundestags-Rechtsausschusses an der Reform beteiligt ist. Gleichzeitig soll das Recht der Industrie gestärkt werden, das illegale Kopieren zu erschweren.

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