ISS Pro Evolution 2:Die Vorzüge der Realität

Lesezeit: 3 min

Wer wollte bei diesem opulenten Angebot noch auf den paar Schwächen rumreiten, die eben auch diese "ISS"-Ausgabe begleiten.

Oliver Derks

Bei den meisten Fußballspielen - auf der Konsole natürlich und nicht im wahren Leben - ist ein 0:0 ungefähr so wahrscheinlich wie ein Abstieg des FC Bayern München in die zweite Bundesliga. Das mag manchem gefallen, aber zehn Minuten taktisches Geplänkel, ja womöglich gar verbunden mit dem Ziel, ein torloses Unentschieden nach Hause zu schaukeln, erfreut im Computer- wie im wahren Leben eben nur die zähesten Freude des Sports. Mit "ISS Pro Evolution 2" verhält es sich ähnlich: Die Fußballsimulation von Konami versteht sich eben nicht als Actionspiel, sondern nimmt sich des Gekickes auf möglichst realistische Weise an. Und da ist ein 0:0 eben auch locker mal drin.

Bewertung: 5 = super / 4 = schön / 3 = nett / 2 = geht so / 1 = bescheiden / 0 = daneben (Foto: Screenshot: ISS Pro Evolution 2)

Electronic Arts gibt seit Jahren mit der "FIFA"-Reihe das Geschehen bei der Computerumsetzung des populärsten Sports Deutschlands an. Es mag genügend Spieler geben, die an dieser Vorherrschaft auch nach dem Erscheinen von "ISS Pro Evolution 2" nicht rütteln würden. Wer aber den Sport liebt, die taktischen Möglichkeiten, die er bietet, wer ein Tor noch als echten Glücksmoment empfinden will und Wert auf die Taktik legt, der wird "ISS" in jedem Fall den Vorzug geben.

Dabei liegen einige negative Eigenschaften doch auf der Hand: Grafisch gab es zumindest, im Vergleich zum Vorgänger, beim eigentlichen Spielbetrieb kaum nennenswerte Veränderungen. Und wirklich glanzvoll ist das bei genauem Hinsehen nicht. Aber realistisch ist es - und das ist wichtiger. Die Spieler auf dem Platz bewegen sich in höchstem Maße authentisch. Es gibt keine Wunder bei "ISS", und auch die KI hat nichts Überirdisches. Da stehen, wenn man so will, "Menschen" auf dem Platz. Es gibt also klare und auch sichtbare Unterschiede zwischen einem guten und einem schlechten Abwehrspieler. Nicht jeder 50-Meter-Pass kommt an. Und anders als im letzten ISS-Game wurde kräftig auch an den Torhütern gearbeitet, die sich - meistens zumindest - sehr wirklichkeitsgetreu bewegen. Der Spieler hat neuerdings auch die Möglichkeit, den Keeper zum frühen Rauslaufen zu bewegen. Gerade bei schnellen Kontern des Gegners mitunter ein notwendiges Mittel.

Gut auch, dass die Herren dort unten auf dem Platz genau das beherrschen, was man braucht. Konami hat wieder einmal auf unsinnigen Firlefanz verzichtet, der ohnehin nur durch wundersame Fingerverrenkungen an der Steuerung zu bewerkstelligen gewesen wäre. Die meisten Aktionen sind mit den vier Controllertasten sowohl in Abwehr als auch in Angriff zu erledigen. Nur der zusätzliche Einsatz der L1-Taste macht zum Beispiel aus einem Kurz- einen Doppelpass oder aus einem Schuss einen hohen Schuss. Wichtig wie immer: Sprinten ist möglich (R1).

Im Drumherum, und daran wurde ausgiebig gefeilt, fallen diesmal dem Manager weit mehr Aufgaben zu. Die taktischen Anweisungen für das Team oder auch für die einzelnen Spieler (zum Beispiel Angriffsbereitschaft ändern) können tatsächlich entscheidend sein. Zudem sieht die Meisterliga eine Art Mini-Managermodus vor, der eben so ganz anders daher kommt, als bei der Fußball-Konkurrenz.

Übrigens: Es gibt keine Bundesliga. Freaks mag das schockieren. Tatsächlich ist's aber nicht schlimm. Denn es gibt die Meisterliga, in der 16 Teams in Division 1 und 8 in Division 2 gegeneinander antreten. Das Prinzip: Siege bringen nicht nur Punkte in der Tabelle, sondern auch wichtige Bonus-Punkte, mit denen sich auf dem Transfermarkt neue Leistungsträger erwerben lassen. Und die sind bitter nötig, um der starken Konkurrenz Paroli bieten zu können. Denn - wie gesagt - Wunder gibt es bei "ISS" keine.

Drei deutsche Mannschaften (Bayern, Dortmund, Leverkusen) sind mit dabei, dazu die besten Europas (Manchester United und so weiter). Dazu kommen für etwaige internationale Pokalwettbewerbe 54 Nationalmannschaften.

Die Spielernamen stimmen weitgehend mit der Realität überein. Ansonsten erlaubt der Editor einen Zugriff auf Namen, Nummern und alles andere. Die Kicker verfügen über 15 Eigenschaften (Schusskraft, Körperbalance, Ausdauer, Technik usw.) die mehr oder minder gut ausgeprägt sind.

Und: In diesem Fall lohnt es sich eben, ja ist es gar zwingend notwendig, diese individuellen Potenziale auch intelligent einzusetzen. Und darauf wiederum müssen die verschiedenen Strategien, die der Trainer vorgibt, abgestellt werden: Abseitsfalle, Flügelspiel, mal ein Positionstausch, der den Gegner verwirren könnte.

Wer wollte bei diesem opulenten Angebot noch auf den paar Schwächen rumreiten, die eben auch diese "ISS"-Ausgabe begleiten: Der miese Kommentar, die etwas lieblose Menüführung, der dezente Sound. Andere Spielchen würden aufgrund solcher Mängel an die Wand genagelt. Aber dieses hier hat eben Vorzüge, die es zu einem unverzichtbaren Teil der Freizeitgestaltung all jener Sportfans machen, die sich über die Frage von Mann-, Zonen- oder Raumdeckung gerne mal fünf Minuten Gedanken machen wollen.

ISS Pro Evolution 2 für Playstation 1, Konami, zirka 90 Mark.

Quelle: Teleschau - der Mediendienst

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