Internetsperren:Durchlässige Barriere

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Die geplanten Internetsperren können den Zugang zu den verbotenen Webseiten nur erschweren - vollkommen verhindern können sie ihn nicht.

Dominik Schöneberg

Mit Unterstützung von fünf Internetanbietern will die Bundesregierung den Zugriff auf Kinderporno-Seiten im Netz erschweren. Kunden der beteiligten Unternehmen sehen künftig lediglich ein bildschirmfüllendes Stopp-Schild, wenn sie illegale Internet-Seiten aufrufen - so der Plan.

Mit standardisierten Stoppschildern soll der Zugang zu kinderpornografischen Internetseiten versperrt werden. (Foto: Foto: dpa)

Um die illegalen Seiten zu sperren, machen sich die Internet-Anbieter zunutze, dass der Name einer Webseite vor ihrem Aufruf zunächst in einen Zahlencode übersetzt werden muss. Erst mit Hilfe dieser sogenannten IP-Adresse kann der PC des Nutzers auf den Computer zugreifen, auf dem die Inhalte gelagert sind. Die Internetseite www.sueddeutsche.de ist zum Beispiel auf einem Computer mit der IP-Adresse 213.221.91.5 abgespeichert.

Die Information, welcher Zahlencode zu welcher Webseite gehört, liefern Rechner der Internet-Anbieter. Diese Computer sollen künftig ihren Übersetzungs-Service verweigern, wenn Nutzer Seiten aufrufen, die Kinderpornographie verbreiten. Statt die erforderliche IP-Adresse zu liefern, werden die betroffenen Nutzer auf die Stoppschild-Webseite weitergeleitet.

Schwarze Liste

Welche Internet-Angebote die Anbieter auf diese Weise sperren sollen, können sie einer schwarzen Liste des Bundeskriminalamts (BKA) entnehmen. Sie umfasst etwa 1000 Adressen und soll täglich aktualisiert werden. Das BKA greift dafür auf Berichte von Polizeidienststellen und Hinweise aus der Bevölkerung zurück.

Das im Fachjargon "DNS-Sperre" genannte Verfahren kann den Zugang zu den verbotenen Webseiten allerdings nur erschweren; vollkommen verhindern kann es ihn nicht. "Wer etwas kriminelle Energie mitbringt, kann die Sperren leicht überwinden", sagt Christopher Wolf vom Horst-Görtz-Institut für ITSicherheit an der Ruhr-Universität in Bochum. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um die Blockade zu umgehen: Kriminelle können etwa einfach zu einem der Anbieter wechseln, die bei der Sperrung nicht mitmachen.

Mit etwas Sachverstand können aber auch Kunden der teilnehmenden Betreiber weiterhin die illegalen Angebote aufrufen, kritisieren die Experten. Auch bietet das Netz Kriminellen viele weitere Kanäle, über die sie verbotenes Material verbreiten können - zum Beispiel über den sogenannten Internet Relay Chat (IRC). "Das Internet ist entwickelt worden, um Informationen ungehindert auszutauschen. Es ist daher so gut wie unmöglich, den Zugriff auf vorhandene Inhalte komplett zu unterbinden", sagt IT-Experte Wolf.

© SZ vom 18.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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