Internet:www.porno.xxx

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Sollen Schmuddelseiten mit der Endung .xxx gekennzeichnet werden? USA und EU streiten sich um Porno-Domains.

Jeanne Rubner

Als Christdemokratin ist Viviane Reding über den Verdacht erhaben, dass sie Pornografie im Internet fördern wolle. Und doch ärgert sich die resolute EU-Medienkommissarin, dass die Regierung von US-Präsident George W. Bush endgültig den Plan durchkreuzt hat, entsprechende Webseiten mit der Adresse "xxx" zu kennzeichnen.

Es sei beängstigend, ließ Reding Ende vergangener Woche über ihren Sprecher mitteilen, dass die USA in dieser Sache ihren Einfluss ausgeübt hätten. "Eine klare Einmischung" sei das, so Reding, die in Brüssel über Europas Informationstechnik wacht. Damit hat der monatelange Streit um die xxx-Adressen ein vorläufiges Ende gefunden - die politische Diskussion um die Aufsicht über das Internet dürfte freilich weitergehen. Denn der Zwist steht für die Grundsatzfrage, wer eigentlich das Netz kontrolliert.

Die Idee, die Adresse von Pornoseiten mit der Endung .xxx zu versehen, stammte von Icann (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), jener Organisation im südkalifornischen Marina del Rey, die das weltweite Netz verwaltet. Obwohl gemeinnützig und privatrechtlich, untersteht Icann dem US-Handelsministerium. Und dort hatte man nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten eine Flut von Briefen und E-Mails erhalten.

Christliche Organisationen sowie Tausende besorgter Bürger befürchten, dass durch die xxx-Domäne das Internet noch stärker mit Pornografie überschwemmt werde. Die Befürworter dagegen argumentieren, dass die eindeutige Endung es erleichtern werde, derartige Seiten zu sperren oder durch Filterprogramme Kinder und Jugendliche davor zu schützen.

Mit der Entscheidung hat die US-Regierung jedenfalls deutlich gemacht, dass sie sich die Oberaufsicht des Internets keinesfalls aus der Hand nehmen lassen will. Denn Icann kontrolliert auch das Dutzend jener Großrechner, die weltweit eine Art Gerüst für das auf viele Millionen Kleinrechner verteilte Web bilden.

In diesen Zentralcomputern sind die Übersetzungsdateien enthalten, die Internet-Adressen bestimmte Zahlenfolgen zuordnen. Wer Zugriff auf die Rechner hat, kann deshalb gewisse Endungen - etwa .de für Deutschland oder .com für Unternehmen - sperren und damit praktisch ganze Länder elektronisch lahm legen. Die Macht von Icann zeigte sich auch unlängst, als die Organisation der spanischen Provinz Katalonien die Endung .cat zusprach. Die auf ihre Autonomie pochenden Katalanen triumphierten, die Regierung in Madrid war zutiefst irritiert.

Wem gehört das Web?

Während die USA darauf bestehen, dass das Internet aus "Darpa", dem US-Militärnetz hervorgegangen ist und sie daher ein Anrecht auf die Rolle des Netzpolizisten haben, versuchen andere Staaten und auch die EU-Kommission, die amerikanische Dominanz zu brechen. Keine Regierung solle eine überragende Rolle bei der Verwaltung des Internet haben, befand im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen. Und vor dem UN-Informationsgipfel im November 2005 in Tunis unternahm Viviane Reding ebenfalls einen Vorstoß für ein internationales Gremium.

Doch sie konnte sich nicht durchsetzen. In Tunis wurde beschlossen, dass Icann weiter die Verwaltungshoheit behält. Zur Seite gestellt wird Icann ein neues Internet Governance Forum, das Regierungen, Wirtschaft und Bürgerinitiativen eine Bühne für Diskussionen über Netzfragen bieten soll - ohne jegliche Entscheidungsbefugnis freilich.

© SZ vom 15.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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