I-Mode:So bunt wie das Leben

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Ein Jahr, bevor es UMTS geben soll, bietet E-Plus mit I-Mode das Internet auf dem Mobiltelefon an.

Detlef Borchers

(SZ vom 19.3.2002) - "Nichts geht über einen guten Begleiter. " Mit diesem Slogan und einer Figur, die an King Kong erinnert, bewirbt der Mobilfunkbetreiber E-Plus sein neuestes Kind: I-Mode. Der große starke Affe kommt in Gestalt eines Mobiltelefons des japanischen Elektronikriesen NEC. Wenn Daten ankommen, blinkt es im Deckel bläulich. Wird das Handy aufgeklappt, dann blickt man auf einen kleinen Farbbildschirm. Dort wird ein Menü kredenzt, in neun Gängen, von den Nachrichten bis zum Shopping.

Auf dem Handy, das hier überdimensional auf einem Cebit-Plakat prangt, ruht die Hoffnung einer ganzen Branche. Es ist das einzige Gerät in Deutschland, auf dem der neue I-Mode-Dienst empfangen werden kann. (Foto: Foto: AP)

Der Startschuss für den deutschen Ableger von I-Mode fiel am 16. März. I- Mode, das ist die japanische Erfolgsstory des Telefonriesen NTT Docomo. I-Mode, das ist ein Datendienst, der das Internet auf speziellen Handys zugänglich macht. Mobiles Multimedia, bunt wie das Leben, verspricht E-Plus. Über 60 Anbieter von Web-Inhalten haben ihre Seiten an die Darstellung auf dem I-Mode-Handy angepasst, haben ihre für den PC in der Programmiersprache HTML erstellten Web-Seiten für das Format iHTML abgespeckt. iHTML bedeutet, dass sich die Web-Seiten mit akzeptabler Geschwindigkeit aus dem Äther aufs Handy laden lassen und dennoch optisch etwas hermachen.

Beate Uhse auf dem Handy

Etwa 500 Seiten soll der I-Mode-Kunde schon zum Start des Dienstes aufrufen können, die Palette der Suchworte reicht von A wie Aktuelles bis Z, die Zugauskunft der Deutschen Bundesbahn. Dazwischen Amica Online, ein digitaler Kontakthof, Beate Uhse, die Auktionsplattform eBay und die Stadtpläne der Firma Falk. Auch die Süddeutsche Zeitung ist mit ausgewählten Nachrichten und Geschichten vertreten. "Mit I-Mode sind Sie in der Zukunft unterwegs", so das Credo von E-Plus.

Doch die Zukunft kostet zunächst einmal Geld. 249 Euro verlangt NEC für sein besonderes I-Mode-Handy. Auf der Cebit wurde bekannt, das auch zwei weitere japanische Elektronikriesen, nämlich Toshiba und Mitsubishi, I-Mode-Handys anbieten werden. Mit einem Zweijahres-Vertrag bindet sich der I-Mode-Kunde an das System und zahlt eine Grundgebühr von drei Euro im Monat. Da I-Mode den Datenfunk GPRS benutzt, werden zusätzliche Kosten fällig: Mit GPRS ist man immer mit I-Mode verbunden, zahlt aber nicht für die Verbindugsdauer, sondern für die abgerufene Datenmenge. Zum Start von I-Mode kostet das Kilobyte 0,1 Cent, später einen Cent.

Als Beispielrechnung präsentiert E-Plus eine E-Mail mit 531 Zeichen, die zum Start 0,3 Cent kostet, zuzüglich der Mail-Gebühr von 19 Cent pro Mail. Anbieter von Inhalten dürfen von den I-Mode-Abonnenten maximal zwei Euro verlangen. Die Abrechnung erfolgt über E-Plus, wobei der Mobilfunkbetreiber 14 Prozent der Summe für sich behält.

Bei E-Plus geht man davon aus, dass der durchschnittliche Anwender 40 Euro pro Monat allein für den Datendienst ausgibt. In Japan, wo I-Mode erfunden wurde, haben von derzeit rund 31 Millionen Kunden 18,8 Millionen kostenpflichtige offizielle Inhalte abonniert. Durchschnittlich 2,2 Angebote werden dort gekauft. Rechnerisch ergibt sich ein Markt von 250 Millionen Euro.

Diese Superzahl ist es, die Inhalte-Anbietern das Abenteuer I-Mode schmackhaft macht. Ihnen verspricht der E-Plus-Geschäftsführer Uwe Bergheim Zukunft pur: "Unsere Kunden können ihr UMTS-Feeling heute schon kaufen, unsere Partner können ihr Vertrauen in Zukunfts-Technologien demonstrieren." Bleibt die Frage, ob die Demonstration beim Internet-Volk ankommt. Denn die Attraktivität des japanischen I-Mode liegt in dem riesigen Angebot der 54.000 "inoffiziellen Seiten", weniger in den Abo-Diensten der 2.000 Inhaltspartner.

Wenn I-Mode ein Schritt in die mobile Zukunft ist, dann geht es vor allem um die Zukunft des Bezahlens. Bezahlte Inhalte sollen - so sehen es manche - die Unkultur des kostenlosen Internet ablösen. Nichts eignet sich da besser als Mobilgeräte mit ihrem Versprechen bunter Inhalte und persönlich zugeschnittene Dienstleistungen. Der I-Mode-Nutzer kann mit seinem Moorhuhn spielen, gegen gutes Geld, versteht sich. Doch wer wird bereit sein, den Preis zu zahlen?

Auf dem großen Cebit-Messestand beugen sich vor allem junge Leute über die vielen Säulen, auf denen Telefone zum Spielen ausgestellt sind. Doch für sie ist I-Mode zu teuer. Es kennt keine aufladbaren Konten, die man abtelefonieren kann. Und es ist nicht jugendfrei: Die Angebote von Beate Uhse und anderer Erotik-Händler führen dazu, dass sich I-Mode an "junge Medienpioniere über 18 Jahren" richtet. Wer bei den Messe-Telefonen den Menüpunkt aufruft, der die bisher angeschauten Inhalte auflistet, bekommt es schwarz auf weiß präsentiert: "Heiße Babes" führen mit großem Abstand die Liste der auf der Messe besuchten I-Mode-Seiten an.

Fliegende Händler

Die großen Hoffnungen von E-Plus liegen nun darin, dass sich eine "Killeranwendung" findet. Ein heißer Tipp ist die Internet-Auktionsplattform eBay, die über I-Mode gut erreichbar ist. Wer unterwegs ist, wird laufend per Mail informiert, wie es um die Sachen steht, die er kaufen oder verkaufen will. Viele professionelle eBay-Nutzer, die mit dem Verkauf von Waren ihr Geld verdienen, möchten mit I-Mode fliegende Händler werden. Sie haben die Lektion gelernt, dass das Leben zwar bunt sein mag, aber nicht kostenlos ist.

Abgerechnet wird getrennt, nach Inhalte-Anbieter und Mobilfunkbetreiber. Das hört sich zunächst nach Transparenz an. Doch wenn I-Mode auch, wie geplant, in den Niederlanden und Belgien startet, kann es kompliziert werden. Wenn in diesen Ländern die Weiterleitung (Roaming) möglich ist, beginnen die Probleme mit der Abrechnung: Was kostet es, wenn ein deutscher Teilnehmer einen kostenpflichtigen holländischen Stadtplan abruft?

Die Sache kompliziert sich, wenn im nächsten Jahr die UMTS-Netze hinzukommen, in denen Terminals auf Inhalte zugreifen können, die nicht zum geschlossenen System des Providers zählen. Einheitliche Standards und Abrechnungsschnittstellen liegen in weiter Ferne. Im Umfeld der Cebit trafen sich Spezialisten der Branchengrößen Oracle, Sun, Hewlett Packard und Siemens, die mit Paycircle die Grundlage für flexible Zahlungsmodelle schaffen wollen.

Noch fehlen in diesem Gremium die beiden skandinavischen Schwergewichte Ericsson und Nokia. Zurzeit halten sie sich auch bei I-Mode zurück, liefern I-Mode- Handys nur nach Japan. Das wird sich wohl ändern, wenn UMTS die Frage aufwirft, wer wie die tollen Inhalte bezahlen soll.

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