Heiße Ware:Ohrenschutz für Business-Nomaden

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Überall Lärm - sei es der Dudelfunk im Büro oder der schnarchende Nachbar im Flugzeugsessel. Abhilfe soll hier ein Kopfhörer schaffen, der Schallwellen in Ruhe verwandelt

Güven Purtul

Moderne "Business-Nomaden" sind nicht zu beneiden, vor allem, weil es ihnen an dem mangelt, wovon ihre Namensvettern in der Steppe mehr als genug haben: Weite und Ruhe. Eingepfercht und festgeschnallt versuchen sie sich im Flugzeugsessel zu entspannen, was bei dem Lärm in der Kabine selten gelingt.

Auch Helmut Kohl legte seinerzeit Wert auf die richtigen Kopfhörer. (Foto: Foto: AP)

Abhilfe verspricht die Firma Sennheiser mit "aktiver Geräuschdämmung". Wer mit dem Kopfhörer PXC 450 abhebt, macht eine neue Erfahrung: Schaltet man ihn ein, verwandelt sich das Dröhnen der Triebwerke schlagartig in ein kaum wahrnehmbares Rauschen.

Lärm plus Lärm gleich Stille

Der Stresskiller arbeitet mit einem Prinzip, das der deutsche Physiker Paul Lueg 1933 formulierte. Trifft das Wellental einer Schallwelle auf den Wellenberg einer anderen, löschen sich beide gegenseitig aus. Kurz: Lärm plus Lärm ist gleich Stille. "Noisegard" nennt Sennheiser die Technik, die erstmals 1987 in die Sprechgarnituren der Lufthansa-Piloten Einzug hielt. Sie sorgt für eine vom Fluglärm ungestörte Kommunikation mit dem Tower.

Später kamen die ersten Modelle in die Business-Klasse. Heute bauen mehrere Hersteller Antischall-Kopfhörer, die alle nach dem gleichen Prinzip arbeiten: Mikrofone messen den Lärm der Umgebung, ein Chip berechnet den passenden Gegenschall. In der Ohrmuschel wird beides zu Stille vermischt.

Ganz ruhig wird es aber nur in der Theorie. In der Praxis bewährt sich die Technik vor allem bei monotonen Geräuschen. Nur dann ist der Kopfhörer in der Lage, den Gegenlärm schnell genug zu erzeugen. Deshalb ist der PXC 450 als Schutzschild gegen palavernde Mitreisende nur bedingt wirksam.

Dennoch ist der Effekt im Flugzeug imposant, wie auch eine Messung an der Technischen Universität Berlin beweist: André Jakob vom Institut für Technische Akustik spielte freundlicherweise in einem reflektionsarmen Raum Kabinenlärm ab und setzte den Sennheiser auf einen Kunstkopf: "Wir konnten eine Reduktion des Schalldruckpegels am Ohr von gut 20 Dezibel (dB) messen", sagt Jakob. Zehn dB entsprechen etwa einer Halbierung der wahrgenommenen Lautstärke.

Auch in der Bahn sind Antischall-Kopfhörer sinnvoll, denn sie sind bei tiefen Frequenzen besonders effektiv, also genau da, wo Lärmschutz mit passiver Dämmung versagt. Ohrstöpseln haben sie aber noch etwas voraus: Sie taugen auch zum Musikhören.

Hintergrundlärm oder Sprache

Der PXC 450 lässt sich mit dem Bordsystem oder einem tragbaren Musikplayer koppeln und bietet auch in lauter Umgebung guten Klang. Die Lautstärke ist am Kopfhörer regelbar, und falls man angesprochen wird, kann er auf dem Kopf bleiben: Ein Druck auf den "Talk-through"-Knopf und die Stimme des Gesprächspartners gelangt ungefiltert durch die Hörmuschel, denn der Chip unterscheidet plötzlich zwischen Hintergrundlärm und Sprache.

Der größte Vorteil des Sennheiser: Er lässt sich - anders als Konkurrenz-Modelle - auch ohne Batterien betreiben, aber dann nur als klassischen Kopfhörer. Der Preis von circa 300 Euro schließt eine 20 mal 23 Zentimeter großen Tasche ein. Leichtes Gepäck, mit dem Nomaden der Neuzeit abheben und wenn schon nicht Weite, so doch eine gewisse Ruhe erfahren können.

(SZ. vom 17.7.2007)

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