HD-DVD gegen Blu Ray:Superhelden im Wohnzimmer

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Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas geht der Kampf um die Vorherrschaft der neuen DVD-Formate weiter. LG präsentiert den ersten Multiformat-Spieler.

Thorsten Riedl

Ein Flugzeug in Flammen stürzt Richtung Erde. Menschen schreien - auch am Boden, denn die Maschine rast auf ein Baseball-Stadion zu. Die Rettung naht in letzter Sekunde: Superman.

Der Held im blau-roten Umhang fängt mit seinen übermenschlichen Kräften den Jet wenige Meter vor dem Aufprall am Boden auf. Applaus - im mit Journalisten vollbesetzten Saal eines Hotels in Las Vegas. Mit der Szene aus dem Film "Superman Returns" hat Hee Gook Lee, Technikchef von LG Electronics, gerade die Fähigkeiten eines neues Abspielgerätes demonstriert.

Ein Produkt, das nach Meinung des koreanischen Konzerns ebenfalls Superkräfte besitzt: Es soll die Menschheit vor einem Krieg der DVD-Nachfolgeformate bewahren. "Superman schien mir perfekt, um unseren neuen Spieler vorzustellen, der sowohl blaue Blu-Ray-Discs abspielt als auch die roten HD-DVD-Discs", sagt der Asiat Lee - und schmunzelt.

Untereinander nicht kompatibel

Bei Blu-Ray- und HD-DVD-Discs handelt es sich um die Nachfolger der derzeit üblichen DVD-Scheiben. Die beiden neuen Formate speichern jeweils ein Vielfaches der Datenmenge, die auf eine DVD passt.

Derzeit übliche Silberscheiben fassen 4,7 Gigabyte, das Doppelte, sofern Vorder- und Rückseite beschrieben werden. Auf eine HD-DVD dagegen passen bis zu 20 Gigabyte, auf eine Blu-Ray-Disc noch einmal fünf Gigabyte mehr. Bei den neuen Formaten sollen bald beide Seiten bespielt werden.

Diese großen Datenmengen sind nötig, um die Informationen für einen hochauflösenden Kinostreifen samt Filmmusik zu speichern oder Daten von modernen Heimcomputern, die bald schon mit Terabyte-Festplatten ausgerüstet sein werden.

Das sind 1000 Gigabyte. Das Problem der neuen Formate: Untereinander sind sie nicht kompatibel. .

Verbindung zwischen den Welten

Das Gerät, das LG Electronics auf der weltweit größten Heimelektronikmesse CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas vorgestellt hat, soll die Welten verbinden. Die Koreaner haben das Gerät Super Multi Blue-Player genannt.

Auch Philips bemüht Kämpfer mit übermenschlichen Kräften. Gleich vier streiten für den europäischen Technologiekonzern, nur kurz nach der Pressekonferenz von LG. Einen Film mit den Fantastischen Vier zeigen die Europäer, um die Vorzüge des Blu-Ray-Formates zu preisen.

Dieser DVD-Nachfolger habe "den technologischen Vorteil" auf seiner Seite, erklärt Stewart Muller, Chef der Konsumelektroniksparte von Philips in Nordamerika. Toshiba wiederum zeigt dem Publikum seine neuen HD-DVD-Geräte in Las Vegas. Dabei bezeugt der japanische Konzern selbstsicher wie die Konkurrenz, dass am eigenen Format kein Weg vorbeiführt.

Mit Kampfpreisen von weniger als 500 Dollar will Toshiba den Massenmarkt erobern. Samsung und Sony planen mit ihren Blu-Ray-Geräten noch 2007 eine Gegenoffensive.

Unterstützung aus Hollywood

Der Konsument bleibt beim Krieg der Formate auf der Strecke. Die Werbeschlacht weckt unangenehme Erinnerungen an den Kampf der Videoformate VHS und Betamax Anfang der achtziger Jahre. VHS gewann - obwohl technisch unterlegen.

Kunden griffen damals vielfach zum falschen Gerät. "Viele der Konsumenten sind heute verunsichert, denn sie wissen nicht, welches Format sie nehmen sollen", erklärt Lee - mit üblen Folgen für die gesamte Branche. "Das Wachstum in der Industrie ist viel langsamer, als es sein könnte."

LG Electronics - einst Unterstützer des Blu-Ray-Lagers - lenkt also nicht selbstlos ein. Lucas Covers, Marketingchef der Unterhaltungselektroniksparte von Philips, pflichtet dem Rivalen bei: "Ein Krieg der Formate ist kein guter Start für ein Geschäft."

Dennoch macht er den hohen Preis geltend, den eine Doppellösung kostet. Das Gerät von LG Electronics hat im Moment einen Listenpreis, der dem von einem HD-DVD- und einem Blu-Ray-Spieler zusammen entspricht. Unterstützung erhalten die Koreaner vom Hollywood-Studio Warner Brothers.

Das hat zur CES die erste Disc im Gepäck, auf denen die Filme in beiden Formaten gespeichert sind. Sie läuft auf den Abspielgeräten beider Fraktionen. Noch also haben die Konsumenten die Chance auf einen Kompromiss - ohne Einsatz der Superhelden.

© Süddeutsche Zeitung vom 9. Januar 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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