Google Street View:Lückenlose Ansicht

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Seit einiger Zeit fotografiert Google großflächig deutsche Straßenzüge. Jetzt hat das Unternehmen bekannt gegeben, wann die umstrittene Anwendung "Street View" hierzulande startet.

In Berlin, München und Frankfurt am Main hat Google seine Aufnahmen für die geplante Straßenansicht (Street View) abgeschlossen. In Köln, Stuttgart, Hamburg oder Bremen sind sie noch unterwegs, die Autos mit der aufwendigen Optik von acht Kameras auf dem Dachgepäckträger. Voraussichtlich im Frühjahr werde das neue Angebot mit mindestens drei Städten gestartet, sagt Google-Sprecher Stefan Keuchel.

Google Street View
:Ein Pferd in New York

Der möglichst lückenlose Blick auf die Hausfassaden in vier Metern Höhe stößt allerdings auf teilweise massive Kritik. "Von dieser Kamerahöhe aus gucken Sie bis in die Schlafzimmer", sagt der stellvertretende Bürgermeister von Molfsee, Reinhold Harwart. "Da hört für mich der Spaß auf." Das eigene Wohnumfeld müsse datengeschützt bleiben. Wenn diese Aufnahmen erst einmal weltweit verfügbar seien, könne jeder Kriminelle "mit dem Laptop auf den Knien auskundschaften, wo er seinen nächsten Bruch macht".

Ausgehend von der 5.000-Seelen-Gemeinde bei Kiel ist der Unmut über Google Street View auch bei professionellen Datenschützern auf Resonanz gestoßen. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Hartmut Lubomierski sieht Google Street View zwar relativ gelassen - schließlich könne jeder auf der Straße fotografieren.

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, hat aber weiter Bedenken. Dessen Sprecher Dietmar Müller sagt: "Man kann es sicherlich niemandem verbieten, unsere Straßen zu fotografieren.Aber natürlich ist die Wirkung in diesem Ausmaß und durch das Internet eine ganz andere."

Mehrere Terabytes an Daten

Die "Street View Cars" von Google nehmen in jeder Stadt mehrere zehntausend Aufnahmen in einer 360-Grad-Rundumsicht auf und versehen diese mit Geodaten, also den genauen Längen- und Breitengraden. Die jetzt in Deutschland erstellten Fotos haben nach Angaben von Google-Sprecher Keuchel einen Datenumfang von mehreren Terabytes (tausende von Gigabytes).

"Diese Bilder werden dann zu einem riesigen Städtepuzzle zusammengefügt", erklärt Keuchel. Die dabei verwendete, von Google selbst entwickelte Anwendung sorgt dafür, dass Gesichter und Autokennzeichen "verpixelt", also unkenntlich gemacht werden. Zoomt man sich in den Google Maps in Städte mit einer Street-View-Ansicht, erscheint eine entsprechende Schaltfläche auf der Webseite.

"Es geht bei Google Street View um die faszinierende Möglichkeit, sich fremde Städte anzusehen", sagt Keuchel. So könne man sich etwa bei einer Umzugsplanung schon vorher die Umgebung einer neuen Mietswohnung anschauen. "Am liebsten wäre uns, wenn gar keine Personen auf den Bildern wären." Das lasse sich aber in den großen Metropolen nicht immer vermeiden. Und was ist mit den Hausfassaden?

"Kein Einbrecher auf der Welt benötigt ein Produkt von Google, um auf Beutezug zu gehen", antwortet Keuchel. "Wir verstehen die Argumente. Aber 99,9 Prozent aller Nutzer werden Street View nutzen, um gute Dinge damit zu tun."

"Dieses Bild nicht mehr verfügbar"

Weder in den USA noch in anderen Ländern habe es eine vergleichbare kontroverse Diskussion um den Datenschutz gegeben wie in Deutschland, sagt Keuchel.

Google Street View wurde im Mai 2007 mit vier Städten in den USA gestartet, inzwischen kann man dort mehr als 40 Städte aus der Straßenperspektive erkunden. Nach den USA folgten Australien und Japan. In der vergangenen Woche gab es den Google-Street-View-Start in Frankreich mit Paris, Lyon, Marseille, Lille, Nizza und Toulouse.

Allerdings gibt es auch in der Pariser Street View bereits eine schwarze Lücke - weil offenbar jemand von seinen persönlichen Rechten Gebrauch gemacht und bei Google die Entfernung eines Fotos verlangt hat: Klickt man sich auf den Champs Élysées nach Nordwesten, heißt es kurz vor dem Triumphbogen: "Dieses Bild ist nicht mehr verfügbar."

© AP, Peter Zschunke - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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