Download-Site ausgehoben:Das illegale Netz der Filmpiraten

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Drei Thüringer und ein Anwalt aus München sollen 45.000 Kunden im Internet mit Raubkopien von Kinostreifen versorgt haben.

Von Jens Schneider

Der Weg zu den Internetpiraten führte über nur sehr wenige Klicks am Computer. Für neue Kinofilme, Computerspiele oder auch Musiktitel mussten Interessenten auf dem virtuellen Schwarzmarkt nur die entsprechende Website namens www.ftp-welt.com anklicken und ein Mitgliedsabo kaufen.

Bezahlt wurde über Online-Banking, die Telefonrechnung oder Kreditkarte. So einfach wurde nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Mühlhausen in Thüringen seit über einem Jahr ein Netzwerk für den Handel mit illegalen Raubkopien betrieben.

Der illegale Internet-Handel - dessen Urheber im Raum Meiningen in Thüringen lebten - ist jetzt aufgeflogen.

Es handelte sich offenbar um eines der größten bisher enttarnten Netzwerke dieser Art. Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen GVU - die selbst an der Entdeckung des illegalen Handels beteiligt war - spricht vom "weltweit größten Fall illegaler kommerzieller Downloads".

Die Seite sei der mit Abstand wichtigste und erfolgreichste kommerzielle Downloadservice im deutschsprachigen Raum gewesen.

Zwei Brüder im Alter von 20 und 30 Jahren aus dem Raum Meiningen haben demnach die Internetseite gegründet und seit Juni 2003 angeboten. Gegen die beiden wurden am Freitag Haftbefehle erlassen.

Dabei seien sie von einem 46-jährigen Münchner Anwalt, der Sozius einer bekannten, auf Markenrecht spezialisierten Münchner Kanzlei und Geschäftsführer einer Dialerfirma ist, unterstützt worden, der "in voller Kenntnis des illegalen Vertriebes der Daten", so die Staatsanwaltschaft, die Buchhaltung und die rechtliche Betreuung übernommen habe. Der Anwalt wird dem Haftrichter vorgeführt.

Ein 19-jähriger Webexperte aus Thüringen betreute als vierter Beteiligter das Netzwerk offenbar technisch.

Etwa 45.000 Abnehmer sollen sich den Angaben der Ermittler zufolge der Dienste der Internetpiraten bedient haben. Auch gegen sie könnte nach Angaben der Staatsanwaltschaft ermittelt werden.

Dabei müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob sie vorsätzlich gegen das Urheberrecht verstoßen haben. Die Nutzer hätten aber merken müssen, dass es bei den Downloads nicht korrekt zugegangen sei.

Die von ihnen bezahlten, niedrigen Preise berechneten sich nach der Datenmenge. Für 15 Euro ließen sich zwei bis drei der etwa 150 angebotenen Filme herunterladen. Für eine monatliche Flatrate von 135 Euro konnten sich die Nutzer - so die Erkenntnisse der GVU - vollständig mit allem versorgen, was über das Netzwerk angeboten wurde.

Viele Filme waren auf der Seite offenbar schon vor dem Kinostart verfügbar. Nach Einschätzung der Mühlhausener Staatsanwaltschaft gingen den Rechteininhabern der illegal kopierten und gehandelten Filme, Spiele oder Musiktitel auf diesem Weg Einnahmen in mindestens zweistelliger Millionenhöhe verloren.

Am Donnerstag gegen Mittag waren zeitgleich mehrere Objekte in Thüringen, Bayern und Niedersachsen durchsucht worden. Zuvor hatte man das Netzwerk längere Zeit observiert.

Die GVU hatte bereits im August 2003 Strafanzeige erstattet und ihre ersten Erkenntnisse den Ermittlern übergeben. Der ermittelnde Staatsanwalt Thomas Köhler sprach am Freitag auf einer Pressekonferenz in Mühlhausen von einem kriminellen Netzwerk, bei dem die Betreiber der Internet-Seite die Spuren ihres illegalen Vertriebs über viele Verzweigungen verschleiert hätten. Bei ihren Ermittlungen haben die spezialisierten Beamten weltweit Spuren verfolgen müssen.

Die Internetseite sei über eine Briefkasten-Firma auf den Jungferninseln betrieben worden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Für das illegale Angebot der Raubkopien wurden seinen Angaben zufolge Computer-Server in Estland, den Niederlanden und Tschechien eingesetzt. Durch den Handel nahm das Quartett offenbar knapp eine Million Euro ein. 250.000 Euro sollen auf Konten sichergestellt worden sein.

© SZ vom 18.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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