Digitale Werbekampagnen:Versteckte Reize im PC

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Werber suchen neue Zielgruppen und sind fündig geworden: Reklame in Computerspielen ist ein Nischenmarkt mit hoher Wachstumsrate.

Thorsten Riedl

Bis auf den letzten Wurm bekämpfen sich die Gegner auf dem Bildschirm, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Beim dem Computerspiel Worms 3D geht es um Leben und Tod einer Armee schwer bewaffneter Comic-Würmer.

Gleichmütige Zocker: Nur 16 Prozent der Computerspieler störten sich an Werbung in Computerspielen. (Foto: Foto: AP)

Die Kriechtiere schlagen virtuelle Schlachten mit Panzerfäusten, Dynamitstangen - oder explodierenden Schafen.

Glück hat der Spieler, der in der Computerlandschaft eine Red-Bull-Dose findet. Trinkt nämlich ein Wurm das Energiegetränk, kann er ungleich weiter als seine Rivalen springen.

Der Getränkehersteller Red Bull hat sich die Kooperation mit Sega, dem Entwickler des Spiels, einiges kosten lassen.

Die Österreicher hoffen, mit der verspielten Werbekampagne eine Zielgruppe für Red Bull zu gewinnen, die mit Anzeigen in klassischen Medien kaum noch erreicht wird.

Computerspiele sind nur etwas für Kinder, lautete lange das Vorurteil gegenüber den Daddlern. Doch mit der Entwicklung der digitalen Spielebranche seit den siebziger Jahren und dem Einzug der Computertechnik in den Alltag ist auch die Klientel erwachsen geworden.

Der durchschnittliche Spieler ist heute 33 Jahre alt, ermittelte der nordamerikanische Verband der Branche, die Entertainment Software Association. Im Mittel beschäftigt er sich schon seit zehn Jahren mit Autorennen, Verfolgungsjagden oder Wirtschaftssimulationen auf dem Monitor - und mehr als die Hälfte rechnet damit, noch in zehn Jahren auf diese Weise Zerstreuung zu finden.

Volle Konzentration

Werbetreibende reizt diese einkommensstarke Klientel, zumal sie auf anderen Wegen nur schwer zu erreichen ist. "Der Spieler taucht mit allen Sinnen in die virtuellen Welten ein", erklärt Sabine Götz, Werbeberaterin bei der Media-Agentur OMG. Bei den rivalisierenden Medien Fernsehen und Radio hingegen klagen die Anzeigenkunden über Streuverluste und eine Zielgruppe, die sich oft nur berieseln lasse.

Noch ist Reklame in Computerspielen ein Nischenmarkt - aber er hat eine hohe Wachstumsrate. Laut den Marktforschern der Yankee Group lagen die Umsätze vor zwei Jahren weltweit bei 118 Millionen Dollar. Bis zum Jahr 2009, so die Hoffnungen, sollen sie sich auf knapp 900 Millionen Dollar vervielfachen.

Im Fall von Red Bull wird Werbung zum Bestandteil des Computerprogramms. Der Spieler sucht nach der Dose, um sich einen Vorteil in der digitalen Welt zu verschaffen. Wenn er das nächste Mal in der Realität vor dem Getränkeregal steht, soll er sich an diese positive Erfahrung erinnern - so das Kalkül der Werber. Diese Form digitaler Anzeigen eignet sich aber nur bei langlebigen Konsumgütern. Ein aktueller Kinofilm oder der Sondertarif eines Mobilfunkanbieters lassen sich so nicht bewerben.

Die Spiele-Entwickler freuen sich über den unerwarteten Geldzufluss

Die Branche hat daher dynamische Formen ersonnen, in denen in das Computerspiel dank Verbindung mit dem Internet stets aktuelle Werbung eingeblendet wird. Firmen wie IGA Worldwide oder Massive etwa haben sich darauf spezialisiert. Sie bilden das Bindeglied zwischen Werbekunden und Spieleherstellern.

Das Ergebnis lässt sich im Videospiel Tony Hawk betrachten: Dort bewegt sich der Skateboarder durch eine Stadt, in der, wie im wirklichen Leben auch, Reklametafeln stehen, auf denen das momentane Kinoprogramm angepriesen wird. Die Werbevermittler zeichnen dabei auf, wie oft und wie lange der Spieler das Plakat betrachtet.

Der Anzeigenkunde zahlt einen Kontaktpreis - vergleichbar der Werbung in einer Zeitschrift. "Im Moment bekommen wir Anfragen aus allen Industriezweigen", sagt Ed Bartlett, der Europachef von IGA. Wenig überraschend: Die Entwickler von Computerspielen freuen sich über den unerwarteten Geldzufluss. Und auch bei den Spielern kommt die Werbung an: So stören sich nach einer Untersuchung von IBM nur 16 Prozent an solcher Reklame.

© SZ vom 22.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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