Die Kreditkarte im Handy:Bezahlen mit Piep

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Radio und Fernsehen sind schon drin, Wecker und Kalender sowieso. Jetzt wird das Handy auch noch zur Geldbörse. Mit einem kleinen Chip soll in Zukunft auch berührungsloses Zahlen im Supermarkt möglich sein.

Yvonne Göpfert

Auf dem Display der Supermarktkasse leuchtet die Summe der Einkäufe auf: 14,33 Euro. Normalerweise würde jetzt das Gesuche nach dem Kleingeld anfangen. Diesmal nicht: die Mutter von zwei quengelnden Kleinkindern hält ihr Handy an ein unauffälliges Kästchen.

Telefonieren? Oder doch bezahlen? Mit den neuen Handys geht alles. (Foto: Foto: dpa)

Es piept, fertig. Der Betrag wird vom Konto der jungen Frau an die Supermarktkette transferiert. So stellt sich das Kreditkartenunternehmen Visa "M-Payment" vor.

Präsentiert hat Visa seine Idee auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Das Unternehmen will es den Kunden einfach machen: Um eine kontaktlose Geldtransaktion auszulösen, müssen sie das Handy nur an ein entsprechendes Terminal an der Kasse halten.

Ein Chip im Telefon sendet die Zahlungsdaten an ein Empfängermodul und bestätigt anschließend die Bezahlung. Eine Geheimzahl ist nicht nötig. Für kleine Beträge birgt das Verfahren viele Vorteile, in erster Linie für die Händler. Die Zeit, bis ein Kunde mit seinen Einkäufen durch die Kasse ist, wird verringert, Versehen bei der Herausgabe von Wechselgeld fallen ebenfalls flach. Und Visa kassiert bei jeder Transaktion mit.

Neue Technik: Near Field Communication

Für die kontaktlose Abrechnung müssen die Handys mit einem von Visa entwickelten Chip samt Minisender ausgerüstet sein. Die dazu nötige Technik nennt sich Near Field Communication (NFC) und wird unter anderem in Hotels zum Entriegeln der Zimmertüre genutzt.

Mit NFC werdeb Daten drahtlos auf sehr kurze Distanz übertragen. So können nicht nur Rechnungen an der Kasse beglichen werden, vorstellbar wäre auch, dass ein Plakat mit einem entsprechenden Terminal bestückt ist. Wer sein Handy daran hält, könnte ein Konzertticket bestellen und sofort mit dem Handy bezahlen.

Ein erstes Mobiltelefon mit integrierter NFC-Technik gibt es bereits, das Nokia 6131 NFC. Doch noch fehlen die passenden Gegenstücke - Möglichkeiten, Produkte und Dienstleistungen zu bezahlen. Weder Cola-Automaten noch Supermarktkassen sind bis jetzt mit den nötigen Bezahlterminals gerüstet.

Eine Frage der Akzeptanz

Während eine Umfrage des Eco-Verbandes behauptet, dass M-Payment ein Milliardengeschäft sei, ist eine Studie von Mummert Consulting vom August 2006 eher zurückhaltend. Nur jeder zehnte Topmanager in den Telekommunikationsunternehmen glaubt, dass das Mobiltelefon als Zahlungsmittel taugt.

Ein Hauptproblem ist in den nächsten fünf Jahren die Akzeptanz über alle Altersgruppen hinweg. Die Mehrheit der Telekommunikationsanbieter (52,7 Prozent) rechnet eher damit, dass sich in erster Linie die jüngere Generation für das mobile Bezahlen begeistern lässt.

Visas Abrechnungs-Plattform könnte die Branche dennoch einen Schritt voranbringen, denn die Kreditkartenfirma liefert geeignete Software sowie Programmier-Werkzeuge, Sicherheitsstandards und Geschäftsmodelle gleich mit. Bei der Entwicklung haben Sicherheitsfirmen wie Giesecke & Devrient und VeriSign, Handyhersteller wie Nokia und die Infrastrukturexperten von IBM ihr Know-how beigesteuert.

Keine neue Idee

Die Plattform soll flexibel und zu bestehenden Technologien kompatibel sein. Laut Visa passt sie genau so gut in die Netzwelt der Mobilfunker wie auch in die Infrastruktur des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Allerdings sind solche Ansätze nicht neu.

Schon auf der Cebit 2004 stellte Visa das System vor, erste Telefone mit integriertem NFC-Chip wurden damals für Ende des Jahres angekündigt.

Und zur Zeit des Internet-Booms um die Jahrtausendwende gab es eine ganze Reihe von Firmen, die das Handy als Zahlungsmittel der Zukunft etablieren wollten. Eine der bekanntesten war Brokat, die 2001 spektakulär pleite ging, auch die finnische Firma More Magic Software spielte eine Zeitlang in dieser Liga mit. Sie konnte ebenso wenig Mobilfunkprovider, Handyanbieter und Zahlungssysteme unter einen Hut bringen.

Als Kreditkarten-Gigant hat Visa zumindest den Vorteil, bereits eine Vertrauensbasis mit den Kontoinhabern etabliert zu haben. Die technische Seite sollte einfacher in den Griff zu bekommen sein. Im Sommer sollen in London die ersten Terminals für berührungsloses Zahlen aufgestellt werden, für Deutschland ist die Markteinführung frühestens in zwei bis drei Jahren geplant. In den USA laufen nach Auskunft von Visa noch Feldversuche.

Den nächsten Schritt hat Visa aber schon geplant: So sind für die Zukubft auch Transaktionen von Handy zu Handy geplant. Auf die Frage: "Kannst du mir bitte meine 10 Euro zurückgeben", würde der Schuldner zwar wie bisher in die Jacke oder Handtasche greifen, zum Vorschein käme aber nicht die Geldbörse, sondern das Handy.

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