Der MDR ist offline:Oma, ich hab Pixel

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Wenn die moderne Technik versagt, schlägt die Stunde des Bewährten. Der MDR ist seit Mittwoch offline und bringt die Nutzer in den Genuss des unschlagbar pixeligen Videotextes.

Sarah Ehrmann

Bereits seit drei Tagen hat der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) massive Probleme mit der Hardware seines Online-Auftritts. Die Website ist offline, und der Sender bekommt das Problem nicht in den Griff. "Das Internetangebot des MDR ist zurzeit wegen einer technischen Störung nicht zu erreichen. Wir bitten Sie um Ihr Verständnis", steht auf der Startseite, bebildert mit einem rauchenden USB-Kabel.

Retro-Orange und Courier-New-Schreibmaschinen-Type auf mdr.de. (Foto: Screenshot: mdr.de)

In einer eilig herausgegebenen Pressemittteilung des MDR heißt es, die Störung sei hardwareseitig verursacht und hätte daraufhin zu einem Datenbankproblem geführt. Aber wenn das Auto kaputt ist, holt man einfach die Pferde wieder aus dem Stall. Und der Sender verschafft einem altverdienten Medium neue Prominenz: Die Links zu "Nachrichten", "Sport" und "Fernsehen" auf der qualmumwölkten Startseite führen direkt ins Videotext-Angebot des Senders.

Der Nutzer fühlt sich dabei zurückkatapultiert in die 1980er Jahre, in die Zeit der Videorekorder, der manuell überspielten Kassetten und eben des Videotextes: Schreibmaschinen-Layout in drei Farben vor tiefschwarzem Hintergrund. Nie hatte das Braun-Orange des MDR-Layouts einen cooleren Retro-Touch.

Obwohl Holger Hentze, Leiter Projektteam Neue Medien beim MDR, versichert, keine Mühe zu scheuen, mdr.de so schnell wie möglich in gewohnter Qualität aufzuspielen, hat sich auf der Homepage noch nichts getan. "Seit gestern arbeiten wir fieberhaft daran, mit externen und internen Experten das Problem zu beheben," sagte er am Donnerstag.

Der Presseclub Dresden gibt an, den Grund dafür zu kennen, warum die Server lahmliegen. Und nennt eine interne Pressemeldung als Quelle: "Eine vertrauliche hausinterne Mitteilung zeigt, wie dramatisch die Situation tatsächlich ist. Es habe sich ein Bauteil der Datenbank für immer verabschiedet, heißt es da - das konnte inzwischen ersetzt werden. Aber: Es sei sehr schwierig gewesen, einen Techniker zu finden, der sich mit der uralten Technik auskenne, so die interne Mitteilung sinngemäß", kann man auf der Seite lesen.

Die tote Oma

Laut Presseclub Dresden soll es aber sogar noch schlimmer kommen: "Ein Aufspielen der Datenbank-Sicherungskopie, die seit Jahren täglich gezogen wird, ist bislang nicht gelungen - offenbar hat man es all die Jahre versäumt zu testen, ob das überhaupt funktioniert. Der Fehler fällt jetzt erst im Krisenfall auf."

Und laut ihrer Information habe das Content-Management-System (CMS) des MDR unter den Mitarbeitern stets den Spitznamen "die Oma" gehabt. "Jetzt ist es eine tote Oma", wird auf dem Presseclub-Blog gespottet.

Wann mdr.de wieder online geht, ist offen. "Leider kann derzeit keiner eine Prognose abgeben, wann das sein soll", sagt Holger Hentze. Die Online-Angebote von MDR Jump und MDR Sputnik seien nicht betroffen, da sie unabhängige CMS-Systeme haben.

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