Counter-Strike:"Dass man schießen muss, ist mir völlig egal"

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Counter-Strike wird oft als "Killerspiel" kritisiert. Profispieler Manuel Makohl, 21, erklärt, warum Taktik wichtiger ist als Töten.

Claudia Picker

Counter-Strike ist ein viel diskutiertes Computer-Spiel, bei dem es um Terroristen und Spezialeinheiten geht. Tote sind dabei eher die Regel als die Ausnahme. Counter-Strike wird oft als "Killerspiel" kritisiert und in Zusammenhang mit Amokläufern gebracht. Für einige junge Erwachsene ist Counter-Strike ein Sport: Manuel Makohl ist 21 Jahr alt und Counter-Strike-Profi. Er ist bei dem derzeitigen Spitzenteam "Mousesports" aus Berlin unter Vertrag. Das fünfköpfige Team spielt in der Bundesliga. 16 Mannschaften sind hier für Counter-Strike registriert. Mousesports ist mehrfacher Deutscher Meister und Weltmeister. Counter-Strike ist für Manuel Makohl längst kein Hobby mehr, sondern Arbeit.

Verdient mit Counter-Strike Geld: Manuel Makohl (Foto: Foto: David Hiltscher)

sueddeutsche.de: Warum hast du dich gerade für Counter-Strike entschieden?

Manuel Makohl: Ich bin vor ein paar Jahren durch meinen älteren Bruder auf das Spiel aufmerksam geworden und es hat mich sofort fasziniert.

sueddeutsche.de: Weil du auf virtuelle Menschen schießen konntest?

Makohl: Nein. Dass man im Spiel schießen muss, ist mir völlig egal. Ich habe früher fast nur Strategiespiele gespielt. Das ist es, was ich an Counter-Strike mag. Es ist ein Strategiespiel, das sehr viel Spaß macht. Ich habe immer mit vier Freunden gespielt. Man kann eine Runde übrigens auch gewinnen, ohne jemanden zu erschießen.

sueddeutsche.de: Was reizt dich heute an Counter-Strike?

Makohl: Es ist nicht mehr alleine das Spiel, es ist vor allem der Wettkampf, der mich reizt. Ich will besser sein als andere, und wir wollen als Team besser sein. Außerdem reist man in viele Länder. Wir waren vergangenes Jahr in China. Wir haben dort Autogramme gegeben und sogar Polizisten zur Seite gestellt bekommen, weil wir von Fans belagert wurden.

sueddeutsche.de: Counter-Strike wird häufig als Killerspiel tituliert, einige Politiker wollen es sogar verbieten. Kannst du diese Diskussion nachvollziehen?

Makohl: Ich kann die Diskussion schon verstehen, sie ist aber übertrieben. Nur weil ein Amokläufer das Spiel vielleicht mal gespielt hat, kann man doch das Spiel nicht verurteilen. Es ist kein Spiel bei dem es ums Töten geht. Bei dem Sport, den ich betreibe, kommt es auf die Taktik an. Und genau das wollen die Leute auf den Events auch sehen.

sueddeutsche.de: Auf den Events wird ja die deutsche und nicht die englische Version von Counter-Strike gespielt. Das heißt, die Figuren fallen nach einem Treffer einfach um und bluten auch nicht. Spielt das für euch eine Rolle?

Makohl: Das Spiel verliert doch durch das fehlende Blut nichts. Der Vorteil der englischen Version ist einfach nur, dass ich durch das Rot an den Figuren sofort erkennen kann, ob ich getroffen habe oder nicht. Das ist wie beim Paintball. Es ist einfach ein farbiges Zeichen. Diese Orientierung haben wir bei Wettkämpfen in der Liga nicht. Daher spiele ich jetzt auch zu Hause die deutsche Version. Sonst hat man im Spiel Schwierigkeiten.

sueddeutsche.de: Wie haben deine Eltern reagiert, als du als Jugendlicher hast Counter-Strike zu spielen?

Makohl: Damals gab es diese Diskussion noch nicht. Aber sie waren am Anfang schon etwas besorgt. Sie haben sich allerdings mit dem Spiel beschäftigt und jetzt finden sie gut, was ich mache. Mein Vater ist mittlerweile auch ein begeisterter Counter-Strike-Spieler. Die Taktik ist hier sehr wichtig. Es ist eben ähnlich wie Schach: Man muss vorausschauend spielen.

sueddeutsche.de: Du bist als Spieler in die Profi-Liga aufgestiegen. Verdient man auch profimäßig?

Makohl: Nicht so gut, wie die Profis in China. Sie verdienen mehrere hunderttausend Euro im Monat. In Deutschland bekommen Profis höhere dreistellige Summen bis niedrige vierstellige. Dazu kommen die Preisgelder. Bei der Electronic Sports League gibt es in der Pro Series, unserer Bundesliga, 130.000 Euro. Es gibt aber auch Veranstalter, die nicht zahlen und sich nach einem Event insolvent melden. Das habe ich auch schon erlebt.

sueddeutsche.de: Muss man um Spitzensportler zu werden, einfach nur viel vor dem Computer rumhängen und daddeln?

Makohl: Man braucht auch ein gewisses Talent, Konzentrationsfähigkeit und Strategiedenken. Früher habe ich sechs bis acht Stunden am Stück gespielt. Aber das ist nicht durchzuhalten. Eine Psychologin hat uns mal Tipps gegeben, wie man sich besser konzentriert. Wir haben auch so etwas wie einen Ernährungsplan und ich gehe ins Fitness-Studio. Man muss als Profi körperlich und geistig fit sein.

sueddeutsche.de: Du sagst, es gab mal eine Zeit, in der du gelegentlich bis zu acht Stunden vorm Computer gesessen hast. Gab es eine Phase, in der du den Bezug zur Realität verloren hast?

Makohl: Das Gefühl hatte ich nie. Ich hatte immer engen Kontakt zu meinen Freunden. Außerdem arbeite ich, seit ich 15 Jahre alt war. Ich habe erst eine Ausbildung zum Informationselektroniker gemacht und jetzt schließe ich eine kaufmännische Ausbildung daran an. Es gab also immer ein Leben neben dem Computer.

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