Computer-Keyboards:Kleine Taste, GROßE Wirkung

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Sie lauert links, direkt zwischen Groß- und Tabulator-Taste: CAPS LOCK, DIE UNNÖTIGSTE UND SCHÄDLICHSTE tASTE AUF JEDER cOMPUTERTASTATUR. Doch die Rettung naht. Aus Belgien.

Torsten Kleinz und Elmar Török

Die Caps-Lock-Taste stammt noch aus den Zeiten der Schreibmaschine, im Deutschen wird sie "Feststelltaste" genannt. Ist sie aktiviert, werden fortan alle Buchstaben groß geschrieben.

(Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Dies war einst praktisch, um wichtige Sätze oder Überschriften hervorzuheben. Im Zeitalter der computergestützten Textverarbeitung mit all ihren typografischen Möglichkeiten erscheint die prominent platzierte Taste hingegen als Anachronismus.

Die Taste ist statt dessen zu einer Fehlerquelle geworden, die kaum zu unterschätzen ist. Viel zu oft betätigen Computernutzer die Taste aus Versehen und bemerken es erst zu spät. Da hilft nichts, der Satz muss nochmal geschrieben werden.

Windows XP schlägt sogar routinemäßig vor, doch bitte die Feststelltaste zu deaktivieren, wenn sich ein Nutzer beim Passwort vertippt. Aber zu oft merken die Nutzer nichts von der aktivierten Taste und sperren sich selbst aus ihrem Computer aus, weil es bei Passwörtern in der Regel auf Groß- und Kleinschreibung ankommt.

Der belgische Programmierer Pieter Hintjens zieht ein ungnädiges Fazit: "Diese Taste ist eine Abscheulichkeit. Nur Nigeria-Spammer und Fortran-Programmierer benutzen sie noch." Ein Blick in den Spam-Ordner bestätigt das.

Vor allem Spammer bedienen sich der Großbuchstaben, um ungefragt für Potenzpillen, Anti-Schnarch-Mittel oder garantiert risikolose Millionenanlagen zu werben.

Und so verwundert es nicht, dass sich viele Großbuchstabengeplagte mit dem Anliegen von Hintjens identifizieren können. Mittlerweile haben sich knapp 450 Tastenhasser in der Diskussionsgruppe der Seite angemeldet.

Sie diskutieren, mit welchem Werkzeug man die ungeliebte Taste an schnellsten von der Tastatur entfernt oder wie man den Computer dazu bringt, die Taste ganz zu ignorieren.

Zum Beispiel mit der kostenlosen Software Phraseexpress, die eigentlich dazu dient, häufig genutzt Redewendungen automatisch in Texte einzufügen. Als netten Nebeneffekt stellt sie auch die Cap-Lock-Taste ruhig, wenn man möchte.

Es gibt aber auch einen Registry-Hack, mit dem sich die Taste ebenfalls ausschalten lässt - allerdings kann das wieder probleme geben, wenn man auch andere Zeichensätze benutzt.

Mit Bastellösungen gibt sich Hintjens aber nicht zufrieden. Er will die Computerhersteller dazu zwingen, Caps-Lock-freie Tastaturen anzubieten. Auf seiner Webseite wird schon an einem entsprechenden Fertigungsstandard gearbeitet, mit dem sich die Hersteller schmücken können, wenn sie die Forderungen der Tastengegner erfüllen.

Erste Beispiele von Caps-Lock-freien Tastaturen werden auf der Webseite als Vorbilder gewürdigt.

Doch die Pläne von Hintjens enden nicht mit dem Kampf gegen Caps-Lock. Sein Motto lautet "Eine Taste nach der anderen." Er sammelt weitere Vorschläge, wie man das komplette Computer-Keyboard umgestalten kann. So will er die Num-Lock-Taste verschieben, die Leertaste vergrößern - und vielleicht würde er der Caps-Lock-Taste auch noch einen Platz auf der Tastatur zubilligen: rechts neben der Return-Taste wo sie niemanden mehr stört.

Ist das Ganze eine Spaßaktion? Vielleicht. Doch neben seiner Tätigkeit als Chef einer Computerfirma ist Hintjens gleichzeitig Präsident des Fördervereins für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII), der sich in den vergangenen Jahren besonders gegen die Einführung von Softwarepatenten in Europa engagiert hat.

Sollte die Caps-Lock-Kampagne zum unerwarteten Erfolg führen, werden die Kampagnenideen der Tastengegner sicher auch beim FFII Einzug halten.

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