China:Skype-Gespräche systematisch gespeichert

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In China sind über das Internet-Programm Skype geführte Chat-Gespräche ausgewertet und archiviert worden. Nachrichten wurden nach verdächtigen Wörtern durchsucht.

In China sind über das Internet-Programm Skype geführte Chat-Gespräche systematisch ausgewertet und zum Teil archiviert worden. Die Internetfirma TOM habe als Skype-Partner in China Nachrichten mit Schlüsselwörtern wie "Tibet" oder "Kommunistische Partei" aufgezeichnet und womöglich aussortiert, erklärten Wissenschaftler der Universität von Toronto.

Böse Überraschung für viele chinesische Skype-Nutzer: Geführte Chat-Gespräche sind systematisch ausgewertet und zum Teil archiviert worden. (Foto: Foto: Reuters)

Skype-Chef Josh Silverman, dessen Unternehmen zum Internetriesen Ebay gehört, entschuldigte sich am Donnerstag für die Archivierung verdächtiger Nachrichten durch TOM. Sein Unternehmen habe davon bisher nichts gewusst. TOM erklärte lediglich, legal gehandelt zu haben.

In einem 16-seitigen Bericht, der im Internet veröffentlicht wurde, warf die Forschergruppe Citizen Lab dem TOM-Skype-Dienst "umfassende Überwachung mit anscheinend wenig Rücksicht auf die Sicherheit und Privatsphäre der Skype-Nutzer" vor.

Suche nach Schlüsselwörtern

Tom-Skype zeichne Online-Unterhaltungen mit bestimmten Schlüsselwörtern auf, die von den chinesischen Behörden als verdächtig eingestuft wurden. Dazu zählten neben der "Kommunistischen Partei" und einigen ihrer wichtigsten Vertreter, wie Präsident Hu Jintao und Ex-Staatschef Mao Tse-tung, die verbotene Falun-Gong-Bewegung.

Auch die "Olympischen Spiele" im August in Peking und "Tibet", dessen Unterdrückung durch Peking international kritisiert wird, gehören zu den Schlüsselwörtern. Zudem gilt laut Citizen Lab die Erwähnung der Lungenkrankheit "SARS", an der vor fünf Jahren in China hunderte Menschen starben, oder von "Erdbeben" wie dem katastrophalen Beben im Mai dieses Jahres in Sichuan als verdächtig. Auf der Liste steht zudem das Wort "Milchpulver", das auf den aktuellen Skandal um Melamin-verseuchte Lebensmittel aus China hinweist.

Die Textnachrichten seien mitsamt der darin enthaltenen persönlichen Informationen auf "unsicheren, öffentlich zugänglichen Internetservern" einsehbar, kritisierte Citizen Lab. Den Wissenschaftlern aus Kanada gelang eigenen Angaben zufolge der Zugang zu acht TOM-Skype-Servern.

Durch User-Namen, Internetadressen oder andere Angaben in den Nachrichten können Absender und Empfänger demnach zurückverfolgt werden. Es stelle sich die Frage, in welchem Ausmaß TOM und Skype den Behörden bei der Überwachung von Aktivisten, Dissidenten, aber auch normalen Bürgern hülfen.

"Innerhalb des rechtlichen Rahmens bewegt"

"Es ist allgemein bekannt, dass es in China Zensur gibt und dass die chinesische Regierung Kommunikation innner- und außerhalb des Landes seit vielen Jahren kontrolliert", hieß es in Silvermans Reaktion auf den Bericht. Er erinnerte daran, dass Skype im April 2006 zugegeben hatte, dass TOM einen Filter zur Unterdrückung bestimmter Wörter in Textnachrichten einsetze und nicht genehme Nachrichten nicht weitergeleitet würden.

Dass TOM Nachrichten mit bestimmten Schlüsselwörtern archiviere, habe nach Auffassung seines Unternehmens aber nicht zu den Aufgaben des Partnerunternehmens gehört, erklärte der Skype-Chef. Zugleich erklärte Silverman: "Die Kommunikation von Skype zu Skype ist und war immer vollkommen sicher und privat."

Die in Hongkong ansässige TOM-Gruppe erklärte, sie habe sich innerhalb des rechtlichen Rahmens bewegt. Als chinesisches Unternehmen "befolgen wir die Regeln und Verordnungen in China", hieß es.

Die chinesische Regierung kontrolliert das Internet streng und sperrt nicht genehme Websites. Großen US-Firmen wie Microsoft, Google und Yahoo wurde wiederholt vorgeworfen, China bei dieser Art der Abschottung zu helfen.

© AFP/dpa/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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