Cebit 2007:Friede, Freude, Eierkuchen?

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Im Vorfeld der Cebit mussten die Organisatoren der Messe viel Kritik einstecken: Besucherschwund, Ausstellermangel, fehlende Struktur. Jetzt überschlagen sich plötzlich die Erfolgsmeldungen. Alles wieder gut?

Jörg Donner

Beim Rundgang über die Cebit in Hannover fallen immer wieder große Lücken zwischen den Ständen auf. Etwas verloren wirken dort die Blumenkübel und Stehtische, die Eigenwerbung der Deutschen Messe AG auf Bannern wie ein letzter Versuch, auf die Zugkraft der Messe zu verweisen. Viel Kritik mussten die Verantwortlichen im Vorfeld einstecken: Die Messe sei nicht klar genug strukturiert, das Zielpublikum nicht definiert, hieß es beispielsweise vom Bitkom, dem Branchenverband der IT-Wirtschaft.

(Foto: Foto: Deutsche Messe AG)

Ausrichtung auf Fachbesucher

Auf der Cebit sollten "weniger die freundlichen Hostessen dominieren, sondern Fachleute, die Geschäftsleute wirklich beraten können", hieß es auch von Wafa Moussavi-Amin, Manager beim Analysten IDC. Viele große Firmen wie LG, Nokia, Motorola, Hewlett-Packard und Philips hatten bereits ihre Teilnahme am Spektakel abgesagt, andere - wie Sony - versuchen sich mit ihrem Auftritt explizit an Firmenkunden und Fachbesucher zu richten.

Tatsächlich ist die Messe kaum noch mit der Cebit vor ein paar Jahren zu vergleichen. Großes Tam-Tam macht kaum ein Aussteller, nach Gewinnspielen und Shows, wie sie früher fast überall üblich waren, muss man suchen. Und an den Messeständen spielt sich das eigentliche Geschehen hinter verschlossenen Türen ab: Ein paar Produkte für die Masse, persönliche Gespräche für die richtigen Kunden.

Alles wieder gut?

Die Kritik an der Messe ist allerdings fast schon Tradition. Auch in den Jahren zuvor gingen Medien, Aussteller und Verbände mit der Cebit hart ins Gericht. Dabei zeigten sich die Organisatoren durchaus flexibel: Mal einen Tag mehr, mal einen weniger, Sonderschauen und Expertengespräche - es wurde einiges getan, um Besucher und Aussteller anzulocken.

Auf der Eröffnungspressekonferenz zeigte sich der Bitkom dann auch versöhnlich: "Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Cebit sind so gut wie lange nicht mehr", hieß es von Willi Berchtold, dem Präsidenten des Verbandes. Der Grund dafür sei die gute Stimmung in der Wirtschaft und bei den Konsumenten. So würde der Markt für Informationstechnik, Telekommunikation und digitale Unterhaltungselektronik nach den Berechnungen des Bitkom um zwei Prozent wachsen - das sind immerhin 0,4 Prozent mehr, als bislang erwartet.

Die Cebit bezeichnete Berchtold gar als "Juwel für die Branche und für den Hightech-Standort Deutschland", deren Veranstalter ihre "Hausaufgaben gemacht" hätten. "Im kommenden Jahr geht die Messe mit einem neuen Konzept an den Start." Teil dieses Konzepts ist eine erneute Kürzung der Messedauer um einen Tag und ein "hochwertiges Kongressprogramm".

Jubelzahlen zur Halbzeit

Zur Halbzeit am Sonntag jubelte die Messe schließlich über zehn Prozent mehr Besucher als im Vorjahr und ein Ordervolumen von über fünf Milliarden Euro. Also waren alle Meldungen um Vorfeld nur Unkenrufe? Darüber kann man geteilter Meinung sein. So ist das große Interesse der Besucher nicht zwingend auf ein gutes Konzept oder auf eine verstärkte Nachfrage nach IT-Themen zurückzuführen.

Nach Informationen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung hatte die Messe AG an die Aussteller Kartenpakete zum Schleuderpreis verkauft. 500 Tageskarten gab es für 490 Euro, also 98 Cent pro Karte. Normalerweise kostet die Tageskarte 38 Euro. Laut Messe AG wurden Pakete im dreistelligen Bereich an die Aussteller verkauft.

Geschönte Statistik?

Zudem wurden bei Elektro-Discountern in Hannover Cebit-Karten als kostenlose Zugabe zu Billigprodukten angeboten. Eine Speicherkarte mit einem Gigabyte gab es für 9,99 Euro - Ticket inklusive. Mit solchen Aktionen lockt man natürlich mehr Gäste auf das Gelände. Deutlich mehr als 200.000 sollen es an den ersten drei Messetagen gewesen sein. Vermutlich wird die Messeleitung am Mittwoch eine Besucherzahl weit jenseits der Erwartungen verkünden.

Die Zahl der deutschen Besucher hat laut Zwischenbilanz um 16 Prozent zugenommen. Welchen Anteil die Billig-Karten-Besucher daran hatten, ist nicht bekannt. Allerdings lässt sich damit wohl kaum der Besucher-Zuwachs von elf Prozent aus Nordamerika und sechs Prozent aus Asien erklären. Ganz offensichtlich ist die Messe für die Branche ein wichtiges Instrument, um sich zu präsentieren. Auch wenn die Nachrichten nicht immer gut sind - die Hauptsache ist, man bleibt im Gespräch.

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