Apples iPhone:"Wir werden das Telefon neu erfinden"

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Nach langen Monaten der Spekulation hat Steve Jobs bei seiner Keynote-Rede zur Messe Macworld die Katze aus dem Sack gelassen: Das iPhone ist da - und es ist eine echte Innovation.

Jörg Donner

Kaum eine andere Firma steht so unter Beobachtung seiner Kunden wie Apple. Jede Ankündigung, jede spärliche Information wird in Internet-Foren aufgegriffen, diskutiert und zur Grundlage wilder Spekulationen gemacht. Die Keynote-Rede von Firmenvorstand Steve Jobs auf der Messe Macworld in San Francisco ist daher traditionell ein Fixpunkt im Jahr, an dem das komplette Mac-Leben still steht und die Anhänger der Apfel-Marke gespannt lauschen.

(Foto: Foto: Engadget.com)

In diesem Jahr war Jobs Rede zum ersten Mal zwei Stunden lang, 30 Minuten länger als üblich. Die Internet-Community war weitgehend von der Veranstaltung ausgeschlossen: einen Livestream von der Messe gab es nicht, man befürchetet offenbar, dass die Server unter der Last der Interessenten zusammenbrechen würden. Auch keines der 13 anwesenden Kamerateams von Fernsehsendern aus aller Welt übertrug die Rede live. Allerdings berichteten einige Fan- und Blog-Seiten quasi live von der Veranstaltung.

iTunes bleibt erfolgreich

Zu Beginn seiner Rede wunderte sich Jobs darüber, wieso in der Vergangenheit das Gerücht kolportiert wurde, die Verkäufe des Musikportals "iTunes" wären eingebrochen. "Die Zahlen steigen nach wie vor", sagt Jobs und belegte seine Aussage mit einer Graphik. Danach würden über den Apple-Onlineshop 58 Lieder pro Sekunde verkauft, insgesamt bereits über zwei Milliarden.

Auch im Bereich Filme will Apple laut Jobs weiter expandieren. Bislang konnten bereits Filme aus dem Verleih von Disney Pictures heruntergeladen werden, als neuen Partner präsentierte Jobs die Paramount Filmstudios.

Für eine Steigerung des Film-Geschäfts soll auch der sogenannte iTV helfen. Mit dem Gerät in der Art des Mac Mini, dem kleinsten Desktop-Computer von Apple, lassen sich Filme drahtlos über den Funkstandard WLan oder per Kabel auf ein Fernsehgerät oder einen anderen Mac-Rechner übertragen. Es verfügt über eine 40-Gigabyte große Festplatte und kann mit bis zu fünf Geräten synchronisiert werden. Über einen HDMI-Anschluss können die Filme digital auf HD-Fernseher übertragen werden. Der Preis für das Gerät soll laut Jobs 299 Dollar betragen.

Die Katze ist aus dem Sack

Nach einer halben Stunde Redezeit kam Steve Jobs dann endlich zu dem Produkt, auf das die Internet-Gemeinde seit Monaten hofft und bangt: Das Mobiltelefon von Apple, das iPhone.

Dabei machte Jobs deutlich, dass ein intuitives, neues Telefon heutzutage keine Tasten mehr benötigt. Statt dessen bietet das neue Handy einen 3,5 Zoll großen berührungsempfindlichen Bildschirm, ein Patent von Apple. Im Gegensatz zu vergleichbaren Geräten erfolgt die Bedienung nicht mittels eines Eingabestiftes, sondern per Finger. Zufällige Berührungen würden als solche erkannt und nicht berücksichtigt, sagte Jobs.

Daneben soll das 11,6 Millimeter dicke Telefon sich mit iTunes synchronisieren lassen, es beinhaltet eine zwei Megapixel-Kamera und einen Anschluss für 3,5 Millimeter-Klinkenstecker, wie sie an normalen Kopfhörern zu finden ist.

Über drei verschiedene Sensoren soll das Telefon unter anderem selbständig feststellen können, wenn es ans Ohr gehalten wird. Dann erlischt das Display und Musik aus dem Lautsprecher wird leiser.

Filme auf dem Handy

Auch Filme sind auf dem Apple-Handy abspielbar. Einer der Sensoren erkennt, wenn das Telefon gedreht wird und das Bild wechselt automatisch in ein Breitwand-Format.

Technisch gesehen ist das iPhone fast auf der ganzen Welt zuhause: Das iPhone arbeitet im Mobilfunkstandard GSM mit der Erweiterung EDGE zum schnelleren Datentransfer. Es unterstützt drahtlose Netzwerkverbingungen über Wi-Fi und Bluetooth und kann zwei Anrufer zu einer Telefonkonferenz zusammenschalten.

Das Gerät arbeitet mit dem Apple-Betriebssystem OS X, kann aber sowohl mit Mac- Computern als auch mit Windows-PCs synchronisiert werden. Die Nummerneingabe erfolgt über das Touchpad, auf dem dann ein normaler Ziffernblock dargestellt wird, sms lassen sich auf einer virtuellen Tastaur tippen. "Damit könnte ich den ganzen Tag spielen", gab Jobs an.

Die Software des iPhone beinhaltet einen Safari-Internetbrowser, einen E-Mail-Client für POP3- und IMAP-Konten und eine Anbindung an Google Maps. Während seiner Rede ließ sich Jobs auf dem Vorführgerät das Moscone Center anzeigen, in dem er sprach. Auf Knopfdruck suchte er ein Café in der Umgebung. Da das Suchergebnis mit einer Telefonnummer verknüpft war, rief Jobs mit einem Druck auf den Touchscreen in der Filiale von "Starbucks" an, um zum Spaß 4000 Milchkaffee zum mitnehmen zu bestellen.

Möglich ist diese direkte Verbindung über Kooperationen mit Google und Yahoo, die Jobs zusammen mit Google-Chef Eric Schmidt und Yahoo-Mitgründer Jerry Yang bekannt gab.

Unschlagbarer Preis

Erhältlich ist das iPhone ab Juni exklusiv beim Telekom-Anbieter Cingular in den USA. In Europa soll das iPhone Ende dieses Jahres auf den Markt kommen, in Asien erst kommendes Jahr.

In Amerika wird das Modell mit vier Gigabyte großem Flash-Speicher 499 Dollar kosten, acht Gigabyte gibt es für 599 Dollar mit einem Zweijahresvertrag. Einen Preis ohne Vertrag nannte Jobs nicht.

Die Apple-Aktie quittierte die Ankündigungen Jobs im Handelsverlauf an der New Yorker Börse mit einem Plus von 3,4 Prozent und ließ den Wert auf 88,50 Dollar ansteigen.

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