Abwanderung:Eine Frage der Priorität

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Warum auffällig viele Firmen die Cebit verlassen haben.

Von Walter Ludsteck

Wie viel der Auftritt kostet, will Frank Reichart nicht sagen. Doch geht es um einen Betrag, über den man, wie der Marketingdirektor von Fujitsu Siemens Computers sagt, schon dreimal nachdenkt. Das hat der deutsch-japanische Computer-Hersteller getan - und sich dann doch entschieden, wieder an der Cebit teilzunehmen.

Zum gegenteiligen Ergebnis ist der US-Konzern Hewlett Packard (HP) gekommen. Er wird sich auf der Cebit 2004 nicht, wie bisher üblich, mit einem eigenen zentralen Stand präsentieren. Dass das weltweit zweitgrößte Computer-Unternehmen Hannover den Rücken kehrt, wird in der Branche aufmerksam registriert. Der Schritt von HP hat einmal mehr die Diskussion darüber angeregt, ob die Cebit dauerhaft ihren Höhepunkt überschritten hat und ob solche Mammut-Veranstaltungen heute überhaupt noch sinnvoll sind.

Für HP stellt sich die Frage anders. "Wir haben auf Grund unseres eigenen Marketingkonzeptes entschieden", sagt Norbert Gelse, Unternehmenssprecher der deutschen HP-Tochter. Dieses setze andere Prioritäten. HP werde zum einen seine Marken-Werbekampagne fortführen, zum anderen die direkte Ansprache der Kunden vor Ort intensivieren. "Die Cebit ist eher für eine breitflächigere Kundenpflege interessant", sagt Gelse. Doch der Konzern hat sich nicht ganz aus Hannover verabschiedet: Er wird an mehreren Partnerständen vertreten sein.

"Viele Unternehmen müssen massiv sparen"

Weiterhin voll auf die Cebit setzt die Nummer eins der Computerwelt, IBM. "Die Messe ist eine ideale Plattform für uns", urteilt IBM-Marketing-Direktor Felix Rümmele. Rund 285000 Besucher hat der Konzern voriges Jahr nach eigener Zählung an seinem Stand registriert und dabei mit potenziellen Kunden über Geschäfte mit einem Volumen von mehreren hundert Millionen Euro verhandelt.

Mit etwas Glück münden diese Gespräche nach den Erfahrungen Rümmeles am Ende in Vertragsabschlüsse von knapp 100 Millionen Euro. Dem stehen die Kosten für den Cebit-Auftritt gegenüber, die Rümmele auf einen "kleineren einstelligen Millionenbetrag" beziffert. IBM wird deshalb auch in diesem Jahr wieder mit einem 4000 Quadratmeter großen Stand auf der Messe vertreten sein.

Noch größer, auf fast 6000 Quadratmetern, präsentiert sich diesmal Microsoft. Es ist der bisher umfangreichste Auftritt des Software-Herstellers auf der Computermesse. Damit bekenne man sich "klar zur Cebit als wichtigstem Impulsgeber und Marktplatz für die IT-Branche", sagt ein Sprecher der deutschen Tochtergesellschaft des US-Konzerns. Dennoch muss die Cebit Einbußen hinnehmen. So kommen 2004 rund 6400 Aussteller, fast 200 weniger als im Jahr zuvor.

Und die Besucherzahl dürfte nach Einschätzung der Veranstalter erneut um 60000 auf etwa 500000 schrumpfen. "Viele Unternehmen müssen massiv sparen", begründet Messe-Vorstand Ernst Raue den Rückgang. Das ist wahr. Doch solange die Zahlen nicht wieder steigen, werden die Diskussionen über die Bedeutung der Cebit anhalten. Auch wenn sie nach wie vor die weltweit größte Messe ihrer Art ist.

© SZ vom 16.03.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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