250.000 Dollar Kopfgeld:Eine Firma sucht einen Hacker

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Seit gestern rast MyDoom durchs Netz und bricht alle Rekorde. "Inzwischen dürfte es fast jeden Internetnutzer getroffen haben", sagt der Virenexperte Christoph Fischer. Offenbar soll eine Firma getroffen werden, aber das könnte auch Tarnung sein.

Von Helmut Martin-Jung

Der Schädling, der sich über E-Mails verbreitet, nistet sich auf befallenen Computern ein, späht dort gespeicherte E-Mail-Adressen aus und versendet sich an diese Adressen selbst weiter. Er versucht auch, Kreditkartendaten auszuspionieren und - das sorgte vor allem für Furore - er bereitet eine Internet-Attacke gegen die US-Software-Firma SCO vor.

SCO ist seit einigen Monaten in den Schlagzeilen, weil die US-Firma mit Sitz in Lindon, Utah, einige Firmen, die auf das freie Betriebssystem Linux setzen, verklagt hat.

Und diese Firmen sind keine kleinen Klitschen, sondern Weltfirmen wie IBM, die bei Serverlösungen inzwischen oftmals mit Linux arbeiten. Sie verdienen zwar nicht am Betriebssystem, dessen Code frei verfügbar ist, wohl aber an Implementierung und Service, den sie dazu anbieten.

SCO behauptet nun, einige Teile des Linux-Codes seien von Unix abgekupfert, an dem SCO die Rechte hält. Ob dem wirklich so ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Denn SCO liegt auch mit dem Netzwerkspezialisten Novell im Clinch.

Novell habe in einem Vertrag aus dem Jahr 1995 die Rechte an Unix abgetreten, behauptet SCO. Das sieht Novell anders. Der Vertrag berühre keineswegs die Rechte, die Novell an Unix habe. Das rief wiederum SCO auf den Plan, die Novell wegen Rufmordes verklagte.

Der Ausgang dieses Streits beeinflusst damit auch die Auseinandersetzung mit IBM, bei der es um immerhin drei Milliarden Dollar geht. Denn hat SCO gar nicht die Rechte an Unix, gibt es auch keine Grundlage, auf der sie IBM verklagen können.

Computerriese IBM gibt sich zuversichtlich. Ein ranghoher IBM-Mann hat nach Berichten der Search Enterprise Linux auf der Linux World in New York betont, IBM werde die Sache durchziehen: "Es wird zu Ende gespielt", sagte der für Technik-Strategie zuständige IBM-Vizepräsident Irving Wladawsky-Berger dem Branchendienst zufolge.

Die Wurmattacke kommt nun genau zu dem Zeitpunkt, da der Streit SCO gegen IBM ebenso wie die Auseinandersetzung zwischen SCO und Novell in entscheidende Phasen tritt: Am 1. Februar sollen die vom Wurm befallenen Computer ihre Attacke gegen SCO beginnen und die Seite zwölf Tage lang mit massenhaften sinnlosen Anfragen lahm legen.

Genau in der Mitte, am 6. Februar, soll die zweite Anhörung im Fall IBM vs. SCO stattfinden. Und zur selben Zeit wollten SCO und Novell auch Dokumente im Internet veröffentlichen, die ihre Position im Streit um die Rechte an Unix klären sollten.

Wem der Wurm am meisten nützt oder schadet, darüber gibt es verschiedene Vermutungen. Während Gernot Hacker vom Antivirenhersteller Sophos auf einen Linux-Freund als Autor tippt, ist man sich in der Open-Source-Gemeinde da nicht so sicher: Es könnte auch Taktik von SCO sein, zitiert der Branchendienst Heise.de ein Mitglied des Teams der Website Groklaw, die Dokumente in dem Fall sammelt. Motto: Der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen.

Und noch eine Variante hat man bei Groklaw parat: Der Wurm stamme aus Russland, heißt es dort unter Berufung auf die Firma Message Labs, die Schutzsoftware für E-Mail-Server herstellt. Weil man sich dort wohl kaum für den Streit zwischen SCO und IBM interessiere, könnte die Attacke gegen SCO nur ein Manöver sein, um von den anderen bösen Aktivitäten des Wurms - etwa dem Ausspionieren von Kreditkartendaten - abzulenken.

(sueddeutsche.de)

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