Wirtschaftskrise:Hochkonjunktur für Insolvenzverwalter

Lesezeit: 2 min

Die bayerische Wirtschaft beendet das Jahr in trüber Stimmung - und hofft allenfalls auf leichte Besserung.

Mike Szymanski

In Bobingen bei Augsburg ist gerade erst wieder eine Firma gestorben, auf dem Rathausplatz haben Mitarbeiter die Textilfaserfabrik in einem symbolischen Akt beerdigt.

Am Ende: das Versandhaus Quelle (Foto: Foto: AP)

Es gab auch eine Traueranzeige: "Nach einem kurzen aber schweren Leidensweg werden 174 Mitarbeiter ihrer Existenzgrundlage beraubt", heißt es darin. Und weiter: "Profitgier und Macht sind unser Tod." So endet also dieses Jahr für die bayerische Wirtschaft - in trüber Stimmung.

Von so prominenten Firmen wie Quelle hatte man schon Abschied nehmen müssen. Die Fledderei blieb dem fränkischen Versandhaus danach nicht erspart. Insolvenzverwalter haben Hochkonjunktur in diesen Monaten.

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) rechnet mit mehr als 4000 Unternehmen, die 2009 Insolvenz anmelden mussten. Das bedeutet einen Anstieg von 20 Prozent. Mit einer Besserung sei 2010 kaum zu rechnen, so die Experten der VBW. Und so viele andere Firmen leiden noch.

Allein in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie dürften seit dem Höchststand im Oktober 2008 etwa 40.000 Stellen verloren gegangen sein. Um ihre Jobs bangen zum Jahresende etwa 200.000 Kurzarbeiter, das Schlimmste dürfte dem Arbeitsmarkt im Frühjahr bevorstehen, wenn vielen Firmen angesichts der schwachen Auftragslage endgültig die Luft ausgeht. Zumindest Bayerns große Autobauer BMW und Audi können sich einigermaßen behaupten.

Franken stark betroffen

Ein Blick in die Fläche zeigt, wie sehr aber diese Krise das sonst immer so erfolgsverwöhnte Bayern trifft. Heftig erschüttert hat sie vor allem Franken. Eine Ahnung, von dem, was noch kommen sollte, bekamen die Franken, als sich der Autozulieferer Schaeffler mit der Übernahme von Conti verhebt. Tausende Mitarbeiter gingen am Firmensitz in Herzogenaurach im Februar für ihre Jobs auf die Straße und verlangten nach Staatshilfe. Zwar spart der Konzern drastisch beim Personal, aber die Entlassungswelle blieb aus. Es dauerte aber nicht lange, bis die Region wieder den Atem anhielt.

Die Krise hatte das Versandhaus Quelle mit weit mehr als 4000 Beschäftigten in Nürnberg und Fürth in ihren Sog gezogen. Wochenlang dauerten die Rettungsbemühungen, gerungen wurde um Bürgschaften und Notkredite. Ende Oktober kam das Aus - auch 50 Millionen Euro Darlehen von Bund und Ländern konnten den Versandhändler nicht mehr retten. Die vom Strukturwandel hart getroffenen Städte Nürnberg und Fürth, die immer wieder Krisen dieser Art zu verkraften hatten, wirft die Pleite in ihrer zuletzt vielversprechenden Entwicklung zurück. Die Staatsregierung versucht die Folgen mit einem 115 Millionen Euro teuren Strukturprogramm zu lindern.

Augsburg, Bayerns drittgrößter Wirtschaftsraum, leidet vor allem unter der Krise der Maschinenbauer. In Schwaben stieg die Arbeitslosigkeit binnen Jahresfrist um mehr als 30 Prozent.

Beim Druckmaschinenhersteller Manroland in Augsburg etwa sind fast alle 3000 Beschäftigten in Kurzarbeit, weil es zu wenig Arbeit gibt. Die Branche erwartet 2010 eine Stagnation, allenfalls eine leichte Besserung. Vor diesem Hintergrund hat auch Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) aufgehört, so zu tun, als dürfe sich die Politik keinesfalls in den Markt einmischen.

Sein Haus ist mit Geld zur Stelle, wenn es darum geht, neue Jobs zu schaffen oder Investoren den Start zu erleichtern. Für den Mittelstand spannte er einen Rettungsschirm auf, kleine Firmen können Zuschüsse für Forschungsprojekte bekommen. Zeil denkt schon an die Zeit nach der Krise. Dann wird er am Image des Freistaats arbeiten müssen. Vom Ruf, die Bayern können besonders gut wirtschaften, ist nicht viel geblieben. Das Abenteuer der Landesbank BayernLB bei der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) kostet den Freistaat Milliarden.

© SZ vom 28.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: