Windkraft-Pläne:Staatsforst sorgt für Ärger

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Auf bis zu 19.000 Hektar sollen Großanlagen entstehen - gegen heftigen Widerstand aus den Reihen der CSU.

Christian Sebald

"Wir lassen uns unseren Frankenwald nicht zerstören", schimpft Volkhard Spindler, der demnächst in Bad Steben die Bürgerinitiative "Gegenwind" gründen wird, "das werden die Herren von den Bayerischen Staatsforsten schon noch einsehen."

Windräder in Unterfranken (Foto: Foto: dpa)

Bert Horn, der Bürgermeister des oberfränkischen Kurbads und sonst ein eher bedächtiger Mann ist ebenfalls zutiefst verärgert. "Unser Ort liegt mitten im Naturpark Frankenwald, wir bemühen uns seit vielen Jahren um einen landschaftsschonenden Tourismus", sagt er. "Und dann lassen die Staatsforsten plötzlich zu, dass auf unseren höchsten Höhenrücken zehn gigantische Windräder hingestellt werden sollen."

Der Volkszorn in Bad Steben könnte erst der Anfang sein. Die Bayerischen Staatsforsten haben knapp 130 Optionsverträge mit Investoren oder Projektentwicklern über zum Teil gigantische Windparks in den Staatswäldern geschlossen, die meisten davon in Oberfranken und der Oberpfalz.

Demnach könnten schon demnächst auf 19.000 Hektar Staatswald Windparks errichtet werden. Zwar ist unklar, wie viele Windräder auf ihnen tatsächlich errichtet werden. Aber es dürften in jedem Falle deutlich mehr als die 343 Anlagen sein, die bisher in Bayern stehen.

Angesichts der mehr als zurückhaltenden Haltung der Staatsregierung gegenüber der Windkraft ist die Offensive erstaunlich. Egal ob im Umwelt- oder im Wirtschaftsministerium, für gewöhnlich lautete die offizielle Position stets, in einem Binnenland wie Bayern sei das Potential der Windkraft zu gering, als dass sie eine größere Rolle selbst unter den regenerativen Energien spielen könnte.

Ein Problem für die Staatsregierung

Außerdem passten die gigantischen Türme mit den bis zu 40 Meter langen Rotorblättern nicht in das Landschaftsbild. Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung teilt dieses Urteil.

Deshalb hat die Staatsregierung nun ein Problem. Denn mit jedem weiteren potentiellen Standort für einen Windpark im Staatswald, der nun bekannt wird, wird der Protest anschwellen - und der könnte sich alsbald nicht mehr nur gegen die Staatsforsten richten, sondern die Staatsregierung. Sind die Staatsforsten doch eine hundertprozentige Tochter des Freistaats, Agrarminister Josef Miller ist ihr Aufsichtsratschef und oberster Kontrolleur.

Unter den CSU-Abgeordneten im Landtag herrscht bereits Unruhe. So verlangen Alexander König und andere Auskunft über die Verträge. "Denn das kann nicht sein, dass der Vorstand eines Staatsunternehmens ohne Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung agiert.

Zumal die Staatsforsten per Gesetz dem Gemeinwohl verpflichtet sind", schimpft König. "Ein Vorstand, der das nicht versteht, sollte sich fragen, ob er der richtige Mann auf dem Posten ist."

Auch Miller ist verärgert. Zwar haben Staatsforsten-Vorstand und Aufsichtsrat im März 2007 beschlossen, zu sondieren, welches unternehmerische Potential die Windenergie darstellen könnte. Insidern zufolge hieß es aber ausdrücklich, dass der Staatsbetrieb mit "Gespür vorgehen und auf eventuelle Widerstände der Bevölkerung Rücksicht nehmen" müsse.

"Das hat der Vorstand komplett ignoriert", sagt der Insider. "Der Beschluss besagt keineswegs, dass er solche Verträge schließen soll, geschweige denn in solcher Zahl." Damit nicht genug. Der Aufsichtsrat war bis vor kurzem offenbar völlig uninformiert über die Ausmaße des neuen Geschäftsfelds.

"Das ist nicht nur kein Umgang", schimpft ein Aufsichtsrat. "Das Schlimmste ist, dass keine sachliche Debatte mehr möglich ist, ob und in welchem Umfang Windräder im Staatswald sinnvoll sind."

"Reine Waldzerstörung" Rudolf Freidhager, der Vorstandschef der Staatsforsten, gibt sich völlig überrascht. "Nicht nur wegen des Klimaschutzes, sondern wegen des Staatsforstengesetzes sind wir verpflichtet, zum Ausbau der Erzeugung regenerativer Energien beizutragen", sagt er. "Nichts anderes haben wir getan und werden tun."

Dabei achte man selbstverständlich auf die Resonanz der Projekte in der Bevölkerung. "Keinesfalls setzen wir etwas gegen den Willen der Leute durch." Außerdem sei durch die Verträge kein einziger Windpark baureif. "Für jeden einzelnen braucht es ein formelles Genehmigungsverfahren", sagt Freidhager. Allein deshalb sei die Aufregung vor allem ein "Kommunikationsproblem".

Doch auch in Freihung, 125 Kilometer südlich bei Weiden in der Oberpfalz, herrscht Aufruhr. Dort plant ein Projektentwickler Bayerns größten Windpark - ebenfalls im Staatswald. "Wir sind nicht gegen regenerative Energien und auch nicht gegen Windkraft", sagt Josef Regler, Sprecher der örtlichen Bürgerinitiative.

"Aber die wollen bis zu 34 gigantische Windräder aufstellen, ein jedes 180 Meter hoch, damit es weit genug über die Baumwipfel hinausragt. Allein die Fläche, die dafür überbaut werden müsste, misst 350 Hektar. Das ist reine Waldzerstörung."

Miller hat derweil die Notbremse gezogen und dem Vorstand den Abschluss weiterer Optionsverträge verboten. Die bestehenden 130 sollen möglichst rückgängig gemacht werden. Das dürfte nicht so einfach sein. Einem Experten zufolge sind sie "wasserdicht".

© SZ vom 25.6.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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