Unterfranken:Sehnsucht nach Liebe

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Als katholischer Priester müsste er im Zölibat leben. Doch dann entschied er sich für das Leben mit Frau und Kind. Jetzt hat die Kirche ihn suspendiert.

Wegen Missachtung des Zölibats verliert ein katholischer Priester aus Unterfranken, der bereits ein Kind hat, sein Amt. Wie ein Sprecher der Diözese Würzburg sagte, war der Hammelburger Pfarrer Michael Sell am Donnerstag bei Bischof Friedhelm Hofmann. Dort habe der 37-Jährige mitgeteilt, dass er das Zölibat nicht mehr leben könne und sich für ein Leben in Ehe und Familie entschieden habe.

(Foto: Foto: ddp)

"Er war sehr betroffen und wirklich traurig", sagte Sell über die Reaktion des Bischofs. "Es war kein böses Gespräch, es war ein offenes Gespräch."

Vor dem Treffen hatte der Priester in einem Brief seinen Gemeindemitgliedern berichtet, dass seine Lebensgefährtin ein Kind bekommen habe. Der Bischof ist nach den Vorgaben des Kirchenrechts verpflichtet, Sell von seinen Aufgaben zu entbinden - die Suspendierung folgte prompt.

Sell möchte nach eigenen Worten nun demnächst heiraten, vielleicht noch in diesem Jahr. "Wir haben noch keinen Termin", sagte er. "Ich werde jetzt erstmal Elternzeit machen und in Ruhe schauen, wo ich genommen werde." Wenn es möglich sei, wolle er weiter Menschen seelsorgerisch begleiten.

Mit seiner Lebensgefährtin ist der Geistliche seit etwa drei Jahren zusammen. "Am Anfang konnte ich das Zölibat bejahen", sagte der gebürtige Schweinfurter, der in Würzburg und Innsbruck Theologie studiert hat.

1999 wurde er zum Priester geweiht. Irgendwann habe er sich zunehmend einsam gefühlt. "Man sehnt sich nach Geborgenheit, Liebe." Daher habe er sich letztendlich für ein Familienleben entschieden.

Bereits im Frühjahr waren zwei Geistliche des Bistums ihrer Ämter enthoben worden, weil sie heiraten wollten. Betroffen waren damals der Pfarrer von Kitzingen sowie ein Priester aus Aschaffenburg. Die Ehelosigkeit von Priestern (Zölibat) wurde von der katholischen Kirche im 12. Jahrhundert durch Konzilsbeschluss eingeführt.

Sell ist sich bewusst, dass er bei seiner Priesterweihe die lebenslange Ehelosigkeit freiwillig versprochen hat. Zwar hat er sich nach eigenen Worten schon immer eine Familie vorstellen können, wusste aber, dass beides in der katholischen Kirche nicht möglich ist.

Die Diözese will den 37-Jährigen nun bei seinem beruflichen Neustart finanziell unterstützen. Im April 2003 war Sell zum Pfarrer von Hammelburg-Sankt Johannes ernannt worden. Im Dezember 2008 kamen weitere Aufgaben hinzu, Sell war damit Pfarrer der Gemeinden der künftigen Pfarrgemeinschaft Hammelburg.

Der Tageszeitung Main-Post (Freitag) sagte der 37-Jährige, er könne in der Sexualität "nichts Unreines sehen, sie ist von Gott gegeben". Die Schwangerschaft sei für ihn und seine Lebensgefährtin ein Gottesurteil gewesen, "die Geburt unseres Sohnes empfinden wir als Urwunder".

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