Uni Eichstätt und der Vatikan:Unfreie Wissenschaft

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Rom stellt sich quer: Warum der Vatikan einen Führungswechsel an der Eichstätter Uni blockiert.

Christine Burtscheidt

Erst gab es eine Vesper im Dom, dann einen Festakt in der Aula der Universität. Mit allen kirchlichen und weltlichen Segnungen ist Ruprecht Wimmer am Mittwoch verabschiedet worden.

Idyllisch gelegen, im Altmühltal: die Universitätsstadt Eichstätt (Foto: Foto: dpa)

Zwölf Jahre lang hatte er die katholische Universität Eichstätt geleitet. Doch fiel bei seiner Verabschiedung kein Wort darüber, was er hinterlässt: eine führungslose Hochschule.

Zwar hat sie längst mit Ulrich Hemel einen Nachfolger gewählt. Der Religionspädagoge und Unternehmensberater scheint Rom jedoch nicht genehm zu sein. Bis heute verweigert ihm der Vatikan seine Unbedenklichkeitserklärung, das "Nihil obstat", ohne Gründe zu nennen.

Reichlich verschwiemelt klingt, wie sich der Münchner Erzbischof Reinhard Marx in einer Grußadresse zum Wimmer-Abschied dazu äußert: "Schwierigkeiten und Unsicherheiten halten uns nicht davon ab, sondern sind eher ein Ansporn, mit allen Beteiligten in eine gute Zukunft zu gehen."

In der Universität herrscht Ratlosigkeit. "Es entzieht sich unserer Kenntnis, weshalb die Bestätigung noch nicht erfolgt ist", sagt der Kanzler der Universität, Gottfried Freiherr von der Heydte. Man befinde sich in einer "äußerst unkomfortablen Situation". Tatsächlich beschädigt das Verhalten Roms gegenwärtig nicht nur Hemel, sondern auch die Hochschule.

Denn sollte sie sich in absehbarer Zeit nach einem neuen Kandidaten umsehen müssen, wird es ihr schwerer denn je fallen, jemanden zu finden. Wer bewirbt sich schon auf einen Posten, wenn er aus sachfremden Erwägungen jederzeit blockiert werden kann. So stellt sich die Lage jedenfalls zurzeit für Hemel dar.

Suche nach Schuldigen

Der 51-Jährige ist in erster Ehe geschieden und ließ diese kirchenrechtlich korrekt annullieren. Doch zog sich das Verfahren hin, sodass es erst zu einer Entscheidung kam, als er bereits in einer neuen Beziehung lebte. Das könnte für ihn nun zum Fallstrick werden. Möglicherweise aber auch sein Ruf, ein Papstkritiker zu sein. Wissenschaftliche Einwände gegen ihn liegen nicht vor. "An seiner Lehre gibt es nichts zu beanstanden", sagt Erwin Dirscherl, Dekan der katholischen Fakultät an Uni Regensburg, wo Hemel lehrt.

Die gegenwärtige Situation wird in Kirchenkreisen als Desaster bezeichnet. Doch werden Schuldige dafür weniger in Rom als in Eichstätt gesucht. Jeder, der im Dienste der Kirche und der Wissenschaft tätig sei, wisse, dass sich hier nicht immer alle Fragen spannungsfrei beantworten ließen, heißt es. Kurzum, der Universität Eichstätt werden handwerkliche Fehler vorgeworfen.

Sie hätte ihr Recht auf Selbstverwaltung hintanstellen und ihren unmittelbaren Dienstherrn, in diesem Fall Bischof Gregor Maria Hanke, in die Kandidatenwahl einbeziehen sollen, heißt es. Das geschah nicht. Eichstätt hielt sich streng an das weltliche Gesetz. Die Hochschule suchte selbst ihren Kandidaten aus, ließ ihn dann vom zuständigen Gremium, dem Hochschulrat, zum Präsidenten wählen und bat anschließend die Kirche um Zustimmung, die nun verweigert wird.

Dass der Bischof als Dienstherr eine Präsidentenwahl formal billigt, ist keine Besonderheit an kirchlichen Universitäten. "Der Präsident wird vom Hochschulrat gewählt und dem Staatsminister für Wissenschaft zur Bestellung vorgeschlagen", heißt es im bayerischen Hochschulgesetz. Weit her ist es eben auch an den weltlichen Einrichtungen nicht mit der Wissenschaftsfreiheit, an denen der jeweilige Minister Dienstherr ist. Theoretisch.

Praktisch kann dieser es sich nicht erlauben, von seinem Recht Gebrauch zu machen. Würde dies geschehen, käme es an staatlichen Hochschulen zum Aufstand. An der kirchlichen Universität Eichstätt nehmen es die 120Professoren und 4500 Studenten jedoch klaglos hin, dass die Kirche sie entmündigt.

© SZ vom 24.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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