Unfall auf der Halserspitze:Tödliche Bergtour

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Drama auf der Halserspitze: Erst rettet ein 22-Jähriger seinen abgestürzten Bruder, dann muss er ihn sterbend zurücklassen.

Christian Sebald

Es sollte ein außergewöhnliches Wintererlebnis bei strahlendem Sonnenschein und einer phantastischen Fernsicht werden. Doch die Schneeschuh-Tour auf die Halserspitze bei Wildbad Kreuth, die sich die 22 und 27 Jahre alten Brüder am Sonntag vorgenommen hatten, entwickelte sich zu einem Bergdrama, das der ältere der beiden nicht überlebte.

Trotz guter Ausrüstung waren die beiden Brüder dem harten Schnee nicht gewachsen. (Foto: Foto:)

Zwar suchten Bergwacht und Polizei die ganze Nacht zum Montag in den Blaubergen nach den Bergsteigern. Aber erst als sich der Jüngere am frühen Morgen zurück nach Kreuth gekämpft und in einem Gasthaus die Wirte alarmiert hatte, erfuhren die Retter den Ort, an dem er seinen völlig erschöpften Bruder zurückgelassen hatte. Da war der Mann bereits gestorben.

Die Bergtour durch die Wolfsschlucht auf die Halserspitze ist die "Königsetappe"in den Blaubergen gleich hinter dem Tegernsee. Das sagen Einheimische wie der Tegernseer Bergwachtchef Martin Stumpf ebenso wie Münchner Alpinisten. Tatsächlich ist die Tour auf den 1862 Meter hohen Gipfel sehr anspruchsvoll - und zwar schon im Sommer.

Absolute Schwindelfreiheit ist ebenso Voraussetzung wie Trittsicherheit. Nicht nur die schroffe Wolfsschlucht hoch, sondern auch an der Halserspitze sind etliche ausgesetzte Passagen zu meistern. Und die Gehzeit - sieben Stunden im Sommer - verlangt eine gute Kondition. Im Winter, wenn Schnee, Eis, Minusgrade und ein scharfer Wind die Tour erschweren, dürften selbst routinierte Bergsteiger deutlich länger brauchen.

Die Brüder, die in München und Kiel zu Hause sind, haben angeblich um die Herausforderungen gewusst. Bergwachtler Stumpf berichtet, sie seien die Tour bereits im Sommer gegangen. Als sie am Sonntag aufbrachen, herrschte zumindest gutes Bergwetter. Zwar war es eisig kalt, aber die Sonne schien, die Sicht war hervorragend. Der harte und bis zu einem Meter hohe Schnee hat ihnen offenbar bald zu schaffen gemacht, trotz ihrer Schneeschuhe und auch der ansonsten guten Ausrüstung.

Beim Abstieg vom Gipfel nahm das Drama seinen Lauf. Der 27-Jährige machte einen Fehltritt, rutschte aus und stürzte 150 Meter tief in eine Rinne. Wie durch ein Wunder erlitt er offenbar keine schwereren Verletzungen. Mit seinem Bruder, der sofort zu ihm abgestiegen war, schaffte er es zurück auf den Steig. Dort schleppten sich die beiden weiter zur Wenigberghütte, wo der 27-Jährige zusammenbrach. Die Bergwacht konnten sie nicht alarmieren, sie hatten ihr Handy verloren. Also stieg der 22-Jährige weiter ins Tal ab.

Derweil machte sich der Vater der beiden Sorgen. Seine Söhne hatten angekündigt, gegen 18 Uhr zurück zu sein. Gegen 21.45 Uhr alarmierte der Mann die Rettungskräfte. Obwohl es längst stockdunkel war, stiegen Bergwacht und Spezialkräfte der Polizei zur Halserspitze auf. Auch ein Hubschrauber wurde gerufen. Bis nach vier Uhr suchten die Rettungskräfte - vergeblich. "Selbst die Handyortung war erfolglos", sagt Bergwachtler Stumpf.

Erst kurz vor fünf erreichte die Retter die Nachricht, dass der 27-Jährige an der Wenigberghütte zurückgeblieben war. Der Hubschrauber, der einen Notarzt dorthin flog, kam zu spät. Der Jüngere wurde völlig unterkühlt und geschwächt in eine Klinik gebracht.

© SZ vom 30.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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