Tarifstreit im Braugewerbe:"Uns geht das Bier bestimmt nicht aus"

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Die Warnstreiks treffen vor allem die kleineren Brauereien: Bierknappheit oder eine Revolution wie in früheren Zeiten sind nicht zu befürchten.

M. Hummel

"In Regensburg geht das Bier garantiert nicht aus", sagt Hermann Goß im Brustton der Überzeugung. Die Drohung der Gewerkschaft, in einen unbefristeten Streik zu treten, beunruhigt den Geschäftsführer der Brauerei Bischofshof nicht allzu sehr. Weil Goß sich sicher ist, dass die meisten seiner 80 Mitarbeiter nicht streiken würden, kann er auch den Biernachschub garantieren.

Seit Wochen streiten sich die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und die bayerischen Brauereien um Lohnerhöhungen (Foto: Foto: ddp)

Seit Wochen streiten sich die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und die bayerischen Brauereien um Lohnerhöhungen für die 10.000 Beschäftigten. Nun soll ein Schlichter die starren Fronten lösen. Auch nach drei Verhandlungsrunden und Warnstreiks in 15 Brauereien ist es bisher nicht gelungen, einen neuen Tarifvertrag für die bayerischen Brauer abzuschließen. Am Mittwochabend dauerte die Schlichtung noch an, ohne dass es zunächst zu einem Ergebnis kam.

Die Forderung der Gewerkschaft nach einer Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um sechs Prozent sowie die Übernahme der Auszubildenden für zwölf Monate im erlernten Beruf stößt in der Branche auf Unverständnis.

Michael Weiß, Präsident des bayerischen Brauerbundes, hofft, dass es "in Richtung 2,5 Prozent geht". Der Bierkonsum ist nach Angaben des Brauerbundes im Januar und Februar um zwölf Prozent eingebrochen. Marktbeobachter bezeichnen diese Entwicklung als dramatisch. Der Verbraucher kaufe auch deutlich weniger alkoholfreie Getränke wie Wasser und Säfte.

Rationalisierte Bierfabriken

Dass bei einem unbefristeten Streik das Bier ausgeht, in Bayern zu früherer Zeit Grund für eine Revolution, ist derzeit nicht zu befürchten. "Die Lager sind voll", heißt es in der Branche. Dort führt man die Kaufzurückhaltung zunächst auch weniger auf die Finanz- und Wirtschaftskrise als auf das schlechte Wetter der vergangenen Wochen zurück. "Aber keiner weiß, wie sich die Verbraucher in naher Zukunft verhalten. Wir müssen aufpassen", lautet die einhellige Meinung.

Wird gespart, was sich in der Gastronomie und dem Getränkehandel bereits abzeichnet, trifft das auch die Brauereien. Die Streiks müssten schon mit drei, vier warmen Wochenenden mit Biergartenwetter zusammenfallen, damit es zu Engpässen beim Biernachschub kommt, heißt es.

Die Brauerei Bischofshof gehört zu 100 Prozent der Diözese Regensburg, oberster Dienstherr ist Bischof Gerhard Ludwig Müller. Mit einem Jahresausstoß von 200.000 Hektolitern zählt die kirchliche Brauerei zu den größeren Mittelständlern. Was den Geschäftsführer, der auch der Tarifkommission angehört, empört, ist die Zielrichtung der Gewerkschaft. Sie orientiere sich nur an den großen Konzernen wie der Inbev. Das seien durchrationalisierte Betriebe, die mit einem Minimum an Personal nahezu 75 Prozent des gesamten bayerischen Bierabsatzes bestreiten.

Während diese nahezu vollautomatischen Bierfabriken Personalkosten von nur noch 18 Prozent haben und eine Lohnerhöhung deshalb leichter verkraften können, "müssen die Kleinen die Zeche zahlen", schimpft Goß. Die Kleinen haben bei einem deutlich geringeren Bierausstoß oft Personalkosten zwischen 30 bis 45 Prozent. "Da besteht die Gefahr, dass einer kaputtgeht." Goß wurde deshalb bei seinem Bischof vorstellig und hat an Bundespräsident Horst Köhler geschrieben.

Als "Quatsch" bezeichnet NGG-Landesbezirksvorsitzender Hans Hartl diese Argumentation. Es gehe um die gesamte Brauwirtschaft. Mittelständler wie Auer, Meckatzer oder das Brauhaus in Tegernsee seien überaus erfolgreich. "Das darf man nicht außer Acht lassen", gibt Hartl zu bedenken. Die Forderung, ausgebildete Lehrlinge für zwölf Monate zu übernehmen, begründet der Gewerkschafter mit den vielen Überstunden und nicht genommenem Urlaub in den Betrieben. "Sie könnten den Leuten endlich frei geben."

Für Michael Weiß ist diese Forderung dagegen kontraproduktiv. Der Chef des Allgäuer Meckatzer Löwenbräus bildet derzeit vier Lehrlinge aus. Er kann sie aber nicht alle übernehmen. Wichtig ist für Weiß jedoch, dass junge Menschen überhaupt eine Ausbildung erhalten. Wenn er sie ein Jahr lang beschäftigen müsse, dann bilde er nur noch so viele Lehrlinge aus, wie er halten könne.

Ein Jahresgehalt für einen fertigen Jungbrauer macht eine Menge Geld aus für einen kleinen Betrieb, sagt der Regensburger Brauerei-Geschäftsführer Goß. "Die bilden dann nicht mehr aus."

© SZ vom 02.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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