Suche nach einer Kuh:Warten auf Yvonne

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lm Landkreis Mühldorf wird jeden Abend ein Stück gegeben, das an absurdes Theater erinnert. Denn die verschwundene Kuh Yvonne schlägt ihren Verfolgern ein Schnippchen nach dem anderen.

Christian Vooren

Heute ist es soweit. Da ist sich Hannes Wintersteller ganz sicher. Besonders leise fährt er mit seinem blauen Quad vor zum Treffpunkt, um die Schultern hat er ein Seil gewickelt. Er stellt den Motor ab und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Langsam finden sich noch mehr Beobachter ein auf dem Feld hinter dem Hof Faitzenham. Zwischen den dahinter gelegenen Maisfeldern wurde die Toilette von Kuh Yvonne gefunden, eine Wiese, die mittlerweile von Kuhfladen übersät ist. Deshalb hatte man sich hier postiert.

Ein Radiosender hat vergeblich per Helikopter nach der entlaufenen Kuh gesucht, nun lauern ihr die Tierschützer ebenerdig auf. (Foto: dpa)

Am Sonntag war man der Kuh dann so nah wie bisher noch nie. Yvonne kam tatsächlich, um ihr Geschäft zu verrichten. Vom Hochsitz konnte Großwildjäger Heino Krannich - ein erfahrener Mann, der sich auf Betäubungen spezialisiert hat und auch schon Elefanten ins Reich der Träume schickte - Yvonne direkt in die Augen schauen. Er schoss aber nicht. Das lag nicht an Yvonnes treuem Blick, sondern daran, dass der Schuss in die Hüfte oder die Schulter platziert werden muss.

Diesmal will man dem entgegenwirken. Deshalb hat man einen zweiten Jäger postiert, damit nichts mehr schiefgehen kann. Hannes Wintersteller ist überzeugt, dass die Kuh heute vom Eis oder zumindest von der Weide geholt wird. Sie haben an alles gedacht. Die beiden Fahrzeuge, in denen die Observierungsteams Platz genommen haben, stehen in sicherer Entfernung. Damit keine Reflexion das Tier verschreckt, wurden die Fahrzeuge mit Tarnnetzen abgedeckt.

Mit Ferngläsern halten die Tierschützer vom Gut Aiderbichl Ausschau, ob sich im Feld etwas bewegt. Sie sind sicher, dass Yvonne ihnen heute in die Falle tappt. Sie rauchen Zigaretten und trinken Limo, bis ein benachbarter Bauer per SMS warnt: Er hat die Kuh im Maisfeld gehört. Es kann sich nur noch um Minuten handeln. Es ist Montag, kurz nach acht Uhr, Yvonnes Zeit. Tagsüber schläft sie im Wald, draußen ist es ihr zu warm. Abends wird sie aber aktiv. Sie kommt, um zu trinken und ihre Notdurft zu verrichten. Reporter, Fotografen, Freiwillige und Neugierige haben sich versammelt, um dabei sein zu können beim großen Augenblick.

Doch zehn Augenpaare starren ins Leere. Gesprochen wird nicht, höchstens einzelne Wörter werden geflüstert. So verharren sie. Stundenlang. Irgendwann ist die Weide nur noch schemenhaft zu erkennen. Einige schauen gelangweilt auf ihre Handys, langsam trauen sie sich, gedämpfte Gespräche zu führen. Gegen 21 Uhr verlässt die Ersten der Mut. Der Kameramann und ein Fotograf sind nach Hause gefahren. Hannes Wintersteller aber stellt sich auf eine lange Nacht ein, wenn nötig bis zum nächsten Morgen. Doch die Nacht ist finster, noch schwärzer als die vorige. Selbst wenn Yvonne heute noch kommt, würde man sie ohne Nachtsichtgeräte nicht sehen.

Gegen 22.30 Uhr geben ihre Verfolger auf. In der Früh um fünf wollen sie wiederkommen und nach Spuren suchen, ob die Kuh doch noch aus ihrem Versteck kam. Am Abend werden sie sich dann wieder auf die Lauer legen, aber diesmal hat Yvonne ihnen - wieder einmal - ein Schnippchen geschlagen.

© SZ vom 24.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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