Streit um Stoibers Apanage:Ahnungslos in Wolfratshausen?

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Edmund Stoiber wirft jetzt der Staatskanzlei vor, sie habe sein Austrags-Büro eigenmächtig zu großzügig ausgestattet. Glaubwürdig ist diese Behauptung nicht.

Ivo Marusczyk

Mehr als 450.000 Euro kostet das Büro von Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber den bayerischen Steuerzahler Jahr für Jahr. Die Zahlen, die sueddeutsche.de Anfang Januar aufgedeckt hat, sind unstrittig - sie kommen aber selbst Stoiber inzwischen übertrieben hoch vor.

Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (hier beim Wahlkampf in Hessen): Die Ausstattung seines Büros bleibt umstritten. (Foto: Foto: ddp)

In einem Brief an Staatskanzleichef Sinner versucht Stoiber jetzt, seiner einstigen Machtzentrale den schwarzen Peter zuzuschieben. Ohne Rücksprache habe die Staatskanzlei ihm viel zu hohe Kosten und Ausgaben in den Haushalt geschrieben. 40.000 Euro sind im Haushaltsentwurf für Büromaterial vorgesehen. "Ein Bruchteil davon reicht für meine Aufgabe aus." Auch bei den Kosten für sein Auto, den Reise- und Repräsentationskosten will Stoiber den Rahmen nicht ausschöpfen, der im Haushaltsentwurf vorgesehen ist.

"Die Schätzungen der Ausgaben halte ich für weit überzogen," schreibt Stoiber. Das würden sicher viele unterschreiben. Doch dass die Staatskanzlei in diesem heiklen Punkt eigenmächtig gehandelt hat, kann man sich nur mit großer Mühe vorstellen. Es ist unwahrscheinlich, dass der Entwurf nicht über Stoibers Schreibtisch gewandert ist.

Schließlich zog sich der Abschied des langjährigen Ministerpräsidenten über Monate hin. Alle wichtigen Entscheidungen fielen noch vor dem Rücktritt: Wo der Ex-Regierungschef künftig residiert (in der Wagmüllerstraße im Lehel) und wie viele Mitarbeiter der Freistaat ihm noch zur Seite stellt (nämlich fünf.)

SPD: Stoiber wusste Bescheid

"Wenn jemand so wie Stoiber immer alles wusste, dann ist doch nicht glaubwürdig, dass er ausgerechnet dann nicht Bescheid wusste, wenn es um seine eigene Zukunft geht," sagt die SPD-Abgeordnete Johanna Werner-Muggendorfer sueddeutsche.de. "Dass er jetzt zurückrudert, kommt mir scheinheilig vor."

Sie weist darauf hin, dass die mehr als 450.000 Euro, die im Haushaltsentwurf auftauchen, noch nicht reichen, um die Kosten für Stoibers politisches Austragsstüberl zu beziffern. Schließlich entgehen dem Staat enorme Mieteinnahmen, weil er die staatseigene 13-Zimmer-Immobilie in der Wagmüllerstraße nicht anderweitig nutzen kann. Für die Mitarbeiter der Bayerischen Immobilienverwaltung, die dort bis zu Stoibers Einzug residierten, musste anderenorts neuer Büroraum gefunden werden. Wie hoch die Kosten sind, ist noch nicht klar. Werner-Muggendorfers parlamentarische Anfrage dazu ist noch nicht beantwortet.

Ihr Kollege Thomas Mütze von den Grünen glaubt auch nicht, dass Stoiber von den Zahlen im Haushalt überrascht wurde. "In der Staatskanzlei liefen doch alle Stränge zusammen. Das glaubt ihm doch kein Mensch, dass das an ihm vorbeigegangen ist." Mütze glaubt vielmehr, dass die gut 450.000 Euro schon ein zurechtgestutzter Ansatz sind - und dass Stoiber ursprünglich eine noch großzügigere Ausstattung im Sinn hatte.

Nach Mützes Informationen wollte Stoiber sogar noch einen zweiten Fahrer beziehungsweise ein Auto für seine Frau. Und er wollte durchsetzen, dass ihm das Büro in der Wagmüllerstraße nicht nur für vier Jahre gewährt wird, wie es im Gesetz steht, sondern dass die Frist auf fünf Jahre verlängert wird.

"Ich gehe davon aus, dass Stoiber die Ausstattung so wie sie jetzt beschlossen ist, mitbestimmt hat. Und dass er jetzt versucht, zurückzurudern," sagt Mütze

Die Staatskanzlei schweigt

Hat Stoiber die geplanten Ausgaben gesehen, bevor er als Ministerpräsident zurückgetreten ist? Die Staatskanzlei will sich dazu im Moment nicht äußern. Zum einen sei der zuständige Mitarbeiter, der diese Frage beantworten könnte, faschingsbedingt seit Tagen nicht zu erreichen. Zum anderen könne man nicht ohne weiteres interne Vermerke nach draußen geben.

Bei den Beratungen im Haushaltsausschuss werden beide Oppositionsparteien darauf drängen, Stoibers Apanage zu kürzen. Gut möglich, dass ihnen die Staatskanzlei zuvorkommt. Seit sueddeutsche.de berichtet hat, wie teuer Stoibers Büro den bayerischen Steuerzahler kommt, hat sich wohl die Erkenntnis durchgesetzt, dass Stoibers Ruf als eiserner Sparer ernsthaft gefährdet ist.

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