Streit um Honorarreform:Der falsche Adressat

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Für die Fachärzte sind Berliner Politiker schuld an der Honorarreform. Doch das stimmt nur zum Teil - auch die eigenen Standesvertreter sind verantwortlich.

Guido Bohsem

Die bayerischen Fachärzte leiden unter der Honorarreform und treten in Protest. Die Empörung schwappt hoch und das zurecht, weil viele von ihnen massive Einbußen bei ihren Umsätzen fürchten. Die Schuldigen für die Misere haben sie leicht ausgemacht. Es sind die Politiker in Berlin, allen voran Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).

Die Standesvertretung der Mediziner selbst ist für den Rahmen der Reform verantwortlich. (Foto: Foto: ddp)

Grob vereinfacht werfen die Mediziner ihnen vor, die anerkannt hochwertige medizinische Versorgung im Freistaat zerstören zu wollen. Die freien Fachärzte sollen in die Knie gezwungen und die gewachsenen Strukturen mit Arztzentren nach DDR-Vorbild ersetzt werden.

Tatsächlich gibt es Gesundheitspolitiker, die das System niedergelassener Fachärzte problematisch finden. Sie befürworten Medizinische Versorgungszentren oder können sich vorstellen, die Fachärzte an die örtlichen Krankenhäuser anzubinden. Das kann man kritisieren und sogar verdammen, so macht es beispielsweise der Vorstandschef der bayerischen Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Axel Munte.

Diese Argumente taugen im Streit über die Honorarreform aber nur begrenzt. Denn tatsächlich ist diese nur bedingt auf dem Mist der Berliner Politik gewachsen. Der Vorsitzende der Bundes-KV, Andreas Köhler, brachte es jüngst in einem Schreiben auf den Punkt: "Das gesetzliche Instrumentarium, das die Politik mit der jüngsten Honorarreform entwickelt hat, ist in enger Abstimmung mit der KBV entstanden."

Sprich, die Standesvertretung der Mediziner selbst ist für den Rahmen der Reform verantwortlich. Mehr noch: Die Einzelheiten der Reform wurden im sogenannten Erweiterten Bundesausschuss festgelegt. Die Vertreter der Krankenkassen lehnten die Reform ab und mit der Stimme des neutralen Vermittlers erzielten die Ärzte eine Mehrheit. An den Verhandlungen war übrigens auch die bayerische KV beteiligt.

Der Zorn der Ärzte sollte sich deshalb nicht nur gegen die Politik, sondern auch gegen ihre eigene Organisationen richten. Die Wut der Fachärzte über die drohenden Umsatzeinbußen ist mehr als verständlich, weshalb ihre Proteste legitim und angebracht sind. Doch sollten sie beachten, dass es ihr Anliegen entwertet, wenn sie sich dabei widerrechtlicher Mittel bedienen. Es macht die Ärzte angreifbar und spielt der Politik Argumente gegen sie in die Hände.

© SZ vom 05.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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