Stoibers Medienimage:Der unpopuläre Populist

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Für Stoiber ist Stoiber ein lockerer Typ, für die Medienmacher eher ein besserwisserischer Bürokrat.

Hans-Jürgen Jakobs

Diese Sache in der Hauptstadt, diese Blamage zur besten Fernsehzeit abends bei ,"Sabine Christiansen", die hat Edmund Stoiber nicht losgelassen. War er doch gerade im Januar 2002 zum Kanzlerkandidaten der Union ausgerufen worden, als er sich alleine in die große Talkshow der ARD traute - und dort die Moderatorin mit "Frau Merkel" ansprach. Das war sonderbar, denn die mit Christiansen befreundete Angela Merkel hatte zuvor den Weg für ihn freigemacht.

Reden im Landtag waren ein Heimspiel für Stoiber. Außerhalb des bayerischen Parlaments war der Redner Stoiber weniger erfolgreich. (Foto: Foto: dpa)

Seine politischen Botschaften konnte Stoiber bei dem wichtigen TV-Termin auch nicht platzieren - in den folgenden Monaten musste mit dem gestandenen Boulevardjournalisten Michael Spreng ein externer Berater versuchen, den bayerischen Ministerpräsidenten überall im Lande präsentabel zu machen. Richtig geholfen hat das nicht. Stoiber verlor im September 2002 knapp gegen den Medienprofi Gerhard Schröder.

Seine mediale Ungeschicklichkeit, seine nicht zu verleugnende Verkrampfung gegenüber Journalisten hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Weg des Edmund Stoiber nach ganz oben verbaut blieb. Die Presse habe ihn immer falsch gesehen, beklagte sich der CSU-Politiker zuweilen im kleinen Kreis.

Sicher ist, dass sein Selbstbild stark von dem vermittelten Fremdbild abweicht. Stoiber ist für Stoiber locker und menschlich - Stoiber ist für viele Journalisten ein Bürokrat und tendenzieller Besserwisser.

Dem Münchner Machiavellist ist immer nur zu bewusst gewesen, dass er freundliche Zeilen und Bilder braucht. Medienpolitik hat den ZDF-Verwaltungsrat stets über alle Maßen interessiert: Mal ging es um eine wirtschaftliche Mäßigung der öffentlich-rechtlichen Sender, dann wieder um zu viel Schund in dem von Stoiber geförderten Privatfernsehen.

Dass in der journalistischen Korona aber allenfalls auf den Bayernkurier und konservative Kräfte im Bayerischen Rundfunk richtig Verlass ist, auf Phänotypen wie den Chefredakteur Sigmund Gottlieb, hat Stoiber rasch erkannt. Die vielen anderen Macher in den Medien wurden aus der Sicht Stoibers und seiner Büchsenspanner schnell zu feindlich gesonnenen Störpersonen.

Als zwei Filmemacher der ARD im Wahlkampf 2002 ein Porträt über ihn fertigten, entzog sich der Kandidat jeglicher Kooperation: Es gab keine Interviews, keine Informationen, keine Reise-Einladungen.

Einer der beiden Autoren hatte vor laufender Kamera gescherzt, Stoiber müsse durch den ganzen Rummel durch, man werde ihn bis zur Wahl im September "gründlich nerven", woraufhin der Politiker zurückscherzte: "Ja, es sei denn, ich bringe sie um." Diese schöne Szene sollte auf Wunsch der Stoiber-Entourage nicht erscheinen, im ARD-Film aber ist sie zu sehen - durchaus ein Beleg für die unbekannte Seite Stoibers, für seinen rustikalen Charme.

In dem ARD-Porträt erklärt der langjährige Ministerpräsident unter anderem seinem Enkel beim Besuch des Legolands: "Schau, wenn du die Journalisten siehst, dann musst du winken." So sah er die Wegelagerer von der Presse, doch Winken allein half nicht - und auch die Soft-Kampagnen des zwischenzeitlichen Beraters Spreng machten aus dem Populisten keinen Populären.

Für seine publizistischen Beobachter blieb er zumeist einer, der zu viel Ehrgeiz hatte und zu wenig menschliche Wärme. Das Misstrauen blieb spürbar im Spott über Stoibers Stammeleien und Bandwurmsätze, die mit reichlich "Ähs" unterlegt waren. Der modernen Mediengesellschaft, die Lockerheit auch mit Andersdenkenden erwartet, entzog sich dieser Politiker alten Typs. Deshalb konnte ihm die Affäre um Landrätin Gabriele Pauli schaden. Experte Spreng: "Stoiber hat kein prinzipielles Problem mit Frauen, er hat ein Problem mit Widerspruch und Kritik."

Seine Kritik an den Medien von heute hat der an den Medien Gescheiterte wiederholt plakativ geäußert. So forderte Stoiber im Herbst 2006 mehr Qualität im Fernsehen und beklagte, dass die Berichterstattung "nur Negatives" aufzeige. Der Mann litt an den Verhältnissen - und am Zwang, im TV-Studio die Wähler umgarnen zu müssen. Erst kürzlich beklagte Stoiber als Grund für die wachsende politische Unwissenheit der Deutschen "marktschreierisch publizierte Umfragen mit immer neuen angeblichen Trends, aufgeregte Talkrunden und vorgebliche Hintergrundberichte von höchst zweifelhafter Qualität".

Vielleicht hat er da nochmal an "Sabine Christiansen" gedacht.

© SZ vom 19.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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